Home News Anspruch auf Jahresurlaub bei Kündigung zum 30.06.

Ab wann besteht der Anspruch auf Jahresurlaub bei einer Kündigung zum 30.06?

Nicht selten ist die Situation so, dass der Arbeitnehmer in der ersten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Arbeitnehmer fragt sich dann, in welcher Höhe er einen Urlaubsanspruch hat? Weiter ist natürlich interessant, ob der Arbeitnehmer beim Ausscheiden zum 30.06. den Anspruch auf den vollen Jahresurlaub hat. Dies soll hier kurz erläutert und beantwortet werden.

gesetzlicher Urlaubsanspruch

Die wichtigsten Regelungen für den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers finden sich im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Im Bundesurlaubsgesetz ist die Mindestdauer des Urlaubs, welche 4 Wochen pro Jahr beträgt geregelt, aber auch, dass der volle Jahresurlaub nach einer Wartezeit von sechs Monaten entsteht. Der Schuldner des Urlaubsanspruches ist der Arbeitgeber.

Wann entsteht der volle Jahresurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz?

voller Urlaubsanspruch
Nach der gesetzlichen Regelung des § 4 des Bundesurlaubsgesetz (Wartezeit) wird der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Der volle Urlaubsanspruch entsteht am ersten Tag nach Ablauf der 6-monatigen Wartezeit. Die Wartezeit muss nicht jedes Jahr neu absolviert werden, sondern fällt nur einmal an.

Beispiel zur Wartezeit auf vollen Urlaub

Beispiel: Der Arbeitnehmer wird zum 1.10.2021 eingestellt. Die sechsmonatige Wartezeit läuft von daher zum 31.3.2022 ab. Damit entsteht der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub für das Jahr 2022 am 1.05.2022. Da die Wartezeit bereits im Jahr 2022 abgelaufen ist, hat der Arbeitnehmer bereits am 1.1.2023 einen Anspruch auf den vollen Jahresurlaub für das Jahr 2023. Die Wartezeit läuft also im Jahr 2023 nicht noch mal neu mit Jahresbeginn, sondern nur 1 mal.

Wie lang ist der Mindesturlaub pro Jahr?

Nach der gesetzlichen Regelung in § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat ein Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen.

Unterschied zwischen Werktagen und Arbeitstagen

Dies bedeutet bei einer 5-Tage-Woche (Montag bis Freitag) insgesamt 20 Tage an Jahresurlaub. Man unterscheidet zwischen Werktagen (6-Tage-Woche) und Arbeitstagen (5-Tage-Woche). Am einfachsten ist es aber sich zu merken, dass der Mindesturlaub immer ** 4 Wochen pro Jahr** beträgt, egal, wie viele Tage pro Woche man arbeitet.

Kann der Mindesturlaub unterschritten werden?

Nein. Dies geht nicht. Der Mindesturlaubsanspruch ist unabdingbar. Dies bedeutet, dass eine anderweitige geringere arbeitsvertragliche Vereinbarung unwirksam wäre. Dabei spielt auch keine Rolle, ob der Arbeitnehmer geringfügig in Teilzeit oder Vollzeit arbeitet.

Beispiel: Ein geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer arbeitet von Montag bis Freitag mit sehr geringer Arbeitszeit. Wie hoch ist sein gesetzlicher Jahresurlaubsanspruch?

Ergebnis: Dieser beträgt 20 Arbeitstage (4 Wochen). Zugegeben, dass Beispiel ist nicht sehr praktikabel, allerdings soll hier veranschaulicht werden, dass es immer auf die tatsächlichen Arbeitstage und nicht auf die Zeit pro Tag gearbeitet wird, ankommt.

Darf der Arbeitgeber mehr als den Mindesturlaub gewähren?

Ja, eine Vereinbarung, die einen höheren Urlaubsanspruch als den Mindesturlaub vorsieht, ist selbstverständlich möglich und häufig auch die Regel. Man spricht hier auch von übergesetzlichen Urlaub. Allerdings kann der Arbeitgeber diesen Urlaub auch an besondere Voraussetzungen knüpfen, da er diesen ja freiwillig gewährt.

§ 3 BUrlG – Dauer des Urlaubs

§ 3 Bundesurlaubsgesetz

  • (1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
  • (2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Wie hoch ist nun der Jahresurlaub beim Ausscheiden im laufenden Kalenderjahr?

Wenn ein Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist zu unterscheiden zwischen einer Beendigung bis einschließlich 30.06. oder zu einem späteren Zeitpunkt, also ab dem 1.07..

Was ist bei einer Beendigung zum 30.06.?

Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06., liegt eine Beendigung innerhalb der ersten Jahreshälfte vor. Selbst wenn die Wartezeit von 6 Monaten bereits (zum Beispiel im Vorjahr) abgelaufen ist, besteht hier noch kein voller Jahresurlaubsanspruch. Dies ist geregelt in § 5 Abs. 1 c des BUrlG.

kein voller Jahresurlaub beim Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte

Von daher hat der Arbeitnehmer bei einer Kündigung zum 30.06. nur einen Teilurlaubsanspruch von ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.

Beispiel zum Urlaub beim Ausscheiden zum 30. Juni

Beispiel: Der Arbeitnehmer wird zum 31.05.2022 vom Arbeitgeber gekündigt. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einem Mindesturlaubsanspruch in Höhe von 20 Urlaubstagen (5-Tage-Woche) für das gesamte Kalenderjahr. Da er aber in der 1. Jahreshälfte ausscheidet, besteht nur ein Teilurlaubsanspruch bis zum 31.05.2022.Es ergibt sich folgende Berechnung: 5 20 Tage ./. 12 Monate x 5 Monate = 8,33 Urlaubstage. Wenn der Urlaub abgegolten wird, dann wird er mit 8,33 Tagen ausgezahlt. Eine Aufrundung auf einen vollen Tag (also auf 9 Tage) findet nicht statt, da nur Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, dabei auf ganze Urlaubstage aufzurunden sind.

Was ist mit dem Urlaub bei einer Beendigung zum 1.07.?

Bei einer Beendigung zu einem Zeitpunkt nach dem 30.06., z. B. zum 1.07. (oder auch zum 31.07) ist die Rechtslage anders, wenn die Wartezeit von 6 Monaten schon abgelaufen ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt schon länger als 6 Monate bestanden hat. Hier gilt dann nicht die Spezialregelung des § 5 Abs. 1 c des BUrlG, da der Arbeitnehmer dann in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet. Diese beginnt am 1.07. des jeweiligen Jahres.

Beispiel zum Ausscheiden zum 1.07.

Beispiel: Der Arbeitnehmer kündigt selbst zum 31.07.2022. Das Arbeitsverhältnis wurde am 1.01.2022 begründet. Urlaub hat der Arbeitnehmer für das Jahr 2022 noch nicht bekommen. Hier sind sowohl die Wartezeit (6 Monate) als auch das Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte (ab 1.07.2022) erfüllt. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einem Mindesturlaubsanspruch in Höhe von 20 Urlaubstagen (5-Tage-Woche) für das gesamte Kalenderjahr und diese bekommt er auch, obwohl er nicht das ganze Jahr gearbeitet hat. In der Praxis wird dies sehr oft falsch gemacht. Arbeitgeber wissen dies oft nicht.

Bei einer Urlaubsabgeltung - welche nur nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - zulässig ist, wäre von daher der gesamte Jahresurlaub (also 20 Tage) abzugelten. Unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer noch keinen Urlaub genommen hat.

Was ist mit übergesetzlichen Urlaub?

In welchem Umfang der Arbeitnehmer auch den Sonderurlaub/ übergesetzlichen Urlaub, den der Arbeitgeber über den Mindesturlaub gewährt, bekommt, hängt vom Arbeitsvertrag/ anwendbaren Tarifvertrag ab.

Gibt es dazu keine Regelung im Arbeitsvertrag so bekommt der Arbeitnehmer den kompletten Urlaub einschließlich des übergesetzlichen Urlaubs. Dieser wird dann so behandelt, wie der gesetzlichen Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz.

Beispiel zum übergesetzlichen Urlaub

Beispiel: Laut im Arbeitsvertrag hat der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch pro Kalenderjahr von 30 Arbeitstagen. Es besteht eine 5-Tage-Woche. Der Arbeitgeber gewährt also zehn Tage zusätzlich an Urlaub (übergesetzlicher Urlaub). Im Arbeitsvertrag gibt es keine Regelung, was mit dem Sonderurlaub geschieht, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig ausscheidet. Einen Tarifvertrag gibt es nicht.

Ergebnis: Der Arbeitnehmer erhält beim Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte, also zum Beispiel zum 31.8.2022 den kompletten Jahresurlaub, einschließlich des übergesetzlichen Urlaubs, also insgesamt 30 Urlaubstage.

Wenn es aber im Arbeitsvertrag eine "pro rata temporis"-Klausel gibt, dann ist die Rechtslage anders. Danach wird unterschieden zwischen den beiden Urlaubsansprüchen und gewährt wird dann beim Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte nur der gesetzliche Mindesturlaub, aber nicht der übergesetzliche. Dies ist zulässig.

§ 5 Teilurlaub - Bundesurlaubsgesetz

Gesetzestext § 5 Bundesurlaubsgesetz

§ 5 Bundesurlaubsgesetz

(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer a)für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. (2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. (3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

Urteil - Entscheidung Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.11.2018, Az.: C-684/16

EuGH - Entscheidung

In dem Fall, dass eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche nicht im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88 und Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta ausgelegt werden kann, ergibt sich aus Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta, dass das mit einem Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und seinem früheren privaten Arbeitgeber befasste nationale Gericht diese nationale Regelung unangewendet zu lassen und dafür Sorge zu tragen hat, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um ihn tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm nach dem Unionsrecht zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, weder seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub noch entsprechend – im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – die finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub, deren Zahlung in diesem Fall unmittelbar dem betreffenden Arbeitgeber obliegt, verlieren kann.

FAQ - häufige Fragen und Antworten zur Abfindung

Wann steht mir der ganze Jahresurlaub zu?

Der komplette Jahresurlaub steht dem Arbeitnehmer nach der Wartezeit von 6 Monaten zu. Geregelt ist dies in § 4 des Bundesurlaubsgesetz. Nach dem einmaligen Ablauf der Wartezeit steht dem Arbeitnehmer dann sogar schon zum Jahresanfang (z.B. im Folgejahr) der gesamte Jahresurlaub zu. Eine Ausnahme gilt nur beim Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte.

Wie viel Urlaub steht mir in einer 5-Tage-Woche zu?

In der 5-Tage-Woche beträgt der Mindesturlaubsanspruch für das ganze Kalenderjahr 20 Arbeitstage. Dies sind 4 Wochen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber auch zusätzlichen Urlaub gewähren. Hierfür kann er auch festlegen, was mit diesem beim Ausscheiden des Arbeitnehmers innerhalb des Kalenderjahres geschieht.

Wie hoch ist der gesetzliche Mindesturlaub?

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt insgesamt 4 Wochen. - question: "Wie wird der Zeitpunkt der Schwangerschaft berechnet?"

Wie viel Urlaub steht mir in einer 6-Tage-Woche zu?

In der 6-Tage-Woche beträgt der Mindesturlaubsanspruch für das ganze Kalenderjahr 20 Arbeitstage. Dies sind 4 Wochen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber auch mehr Urlaub geben.

Kann man sich nicht verbrauchten Urlaub auszahlen lassen?

Nein, eine sogenannte Urlaubsabgeltung ist im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht zulässig. Nur, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann Urlaub ausgezahlt werden.

Läuft die Wartezeit nach dem Bundesurlaubsgesetz jedes Jahr neu?

Nein, die Wartezeit von 6 Monaten muss nur am Anfang des Arbeitsverhältnisses abgeleistet werden. Danach nicht mehr. Dies führt dazu, dass zum Beispiel im nächsten Jahr der Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub schon im Januar entsteht.