Home News Darf der Arbeitgeber die Lohnabrechnung in elektronischer Form erteilen?

Elektronische Abrechnung des Lohnes zulässig?

Oft wollen Arbeitnehmer beim Fehlen einer Lohnabrechnung auf Erteilung der Abrechnung klagen, anstatt eine Lohnklage zu erheben. Dies macht wenig Sinn, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet dem Arbeitnehmer eine Lohnabrechnung zu erteilen, wenn der Lohn gezahlt wurde. Geregelt ist dies in § 108 Abs. 1 der Gewerbeordnung. Dort ist steht, dass dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts, also des Arbeitslohnes, eine Abrechnung in Textform zu erteilen ist.

Wann ist die Lohnabrechnung zu erteilen?

Lohnabrechnung
Bevor der Arbeitgeber die Lohnabrechnung als Arbeitspapier erteilen muss, muss der Lohn zunächst fällig sein. Sodann ist bei dessen Zahlung die Abrechnung zu erteilen. Auch muss sich der Lohn von Monat zu Monat ändern.

nur bei Zahlung ist abzurechnen

Dabei zu beachten, dass diese beiden Voraussetzungen vorliegen müssen. Zum einen muss der Lohn bereits gezahlt worden sein und zum anderen besteht ein Anspruch auf Abrechnung nur dann, wenn sich der Lohn zum Vormonat geändert hat.

Beispiel:

Der Arbeitnehmer bekommt monatlich ein Gehalt in Höhe von 3.000 € brutto. Das Arbeitsverhältnis beginnt im Januar 2022. Kann der Arbeitnehmer für Februar 2022 eine Abrechnung verlangen? Der Lohn wurde gezahlt.

Antwort:

Nein. Zwar wurde der Lohn gezahlt, allerdings ändert sich die Lohnhöhe nicht zum Vormonat. Der Arbeitgeber muss nur für den Monat Januar 2022 eine Abrechnung erteilen.

Muss der Arbeitgeber die Abrechnung übersenden?

Nein, der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet die Lohnabrechnung dem Arbeitnehmer zu übersenden. Im Gesetz steht, dass er diese erteilen muss. Es handelt sich um eine Holschuld. In der Praxis ist dennoch so, dass die Lohnabrechnung im Regelfall dem Arbeitnehmer übersandt wird.

Muss die Lohnabrechnung schriftlich erteilt werden?

Nein, im Gesetz steht ausdrücklich, dass die Textform ausreichend ist. Eine schriftliche Abrechnung, muss der Arbeitgeber von daher nicht erteilen.

§ 108 der Gewerbeordnung

Gesetzestext des § 108 GewO

§ 108 Abrechnung des Arbeitsentgelts

(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich. (2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben. (3) ......

Darf der Arbeitgeber die Abrechnungen elektronisch erteilen?

Ja, der Arbeitgeber ist berechtigt Lohnabrechnung in elektronischer Form zu erteilen. Dies ist von der Textform umfasst. Er kann zum Beispiel dem Arbeitnehmer die Lohnabrechnung per E-Mail zukommen lassen.

Hat der Arbeitgeber die Abrechnung erteilt, wenn diese elektronisch abrufbar ist?

Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann der Arbeitgeber durchaus auch Lohnabrechnung als PDF-Dokument (elektronisch) erstellen. Die Problematik beim Abruf ist aber, dass der Arbeitnehmer von sich aus nun tätig werden muss, um die auf einen Server gelagerte Abrechnung zu erhalten. Das Problem ist hier nicht die elektronische Form, sondern der Umstand, dass der Arbeitnehmer von sich aus weitere Schritte vornehmen muss, um die Abrechnung zu erhalten. Das **Landesarbeitsgericht Hamm **hat dazu bereits entschieden, dass eine solche Download-Möglichkeit der Abrechnung nur dann zulässig ist, wenn der Arbeitnehmer zuvor zugestimmt hat.

Was hat das Landesarbeitsgericht Hamm genau entschieden?

Dem Landesarbeitsgericht Hamm lag folgender Fall zugrunde:

Die Beklagte Arbeitgeber drin hatte sich entschieden, zukünftig die Lohnabrechnung nicht mehr per Post an die Arbeitnehmer zu schicken, sondern nur noch in elektronischer Form zum Abruf auf ein Online-Portal. Die Arbeitnehmer mussten sich dort einloggen und die Abrechnungen dann selbstständig herunterladen.

Ein Arbeitnehmer war damit nicht einverstanden und widersprach und rief die Abrechnung auch nicht ab. Er verklagte später den Arbeitgeber auf Erteilung schriftlicher Abrechnungen.

Der Arbeitgeber verlor sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. Elektronisch können die Abrechnungen erstellt werden. Die bloße Abrufbarkeit ist aber keine ordnungsgemäße Erteilung, wenn der Arbeitnehmer nicht zuvor zugestimmt hat.

Urteil - Entscheidung - Landesarbeitsgericht Hamm - Urteil vom 23.9.2021 – 2 Sa 179/21 - elektronische Abrufbarkeit einer Lohnabrechnung

Entscheidung LAG Hamm - elektronische Abrechnung
Nach § 108 GewO hat jedoch der Arbeitgeber nicht nur die Verpflichtung eine Lohnabrechnung zu erstellen und dem Arbeitnehmer den Zugang zu der erstellten Abrechnung zu ermöglichen. Vielmehr ist er auch verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Lohnabrechnungen zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt dabei die Information über die erfolgte Zahlung (vgl. Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Aufl. 2021, § 71 Rn. 14), so dass die Erfüllung des Lohnabrechnungsanspruchs nicht nur die Erstellung, sondern auch den Zugang entsprechend § 130 BGB voraussetzt.

Der nach § 130 BGB maßgebliche Zugang liegt dann vor, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann (vgl. BAG, Urt. v. 13.6.2019 - 6 AZR 459/18, juris, Rn. 34). Die Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung in Textform setzt demnach voraus, dass die Lohnabrechnung den Machtbereich des Empfängers erreicht hat.

Eine Übermittlung der Lohnabrechnungen an eine dienstliche E-Mailadresse des Klägers erfolgte auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht.

Die Beklagte hat zwar dem Kläger ermöglicht, sich die Lohnabrechnungen auf ihrem Online-Portal unter Verwendung des für den Kläger erstellten Passwortes abzuholen. Dies reicht jedoch für die Erfüllung der Beklagten obliegenden Verpflichtung zur Erteilung der Lohnabrechnung nicht aus, will nicht die Bereitstellung zur Abholung durch den Arbeitnehmer, sondern die Erteilung durch den Arbeitgeber geschuldet wird, sodass es Arbeitgeber verpflichtet ist, die in elektronischer Form erstellte Lohnabrechnung in den Machtbereich des Arbeitnehmers zu verbringen.

Besitzt der Arbeitnehmer keine einer dienstlichen E-Mailadresse, so kann ein Zugang einer elektronischen Erklärung**, die dem Textformerfordernis genügt, nach nahezu einhelliger Ansicht im Schrifttum nur dann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sich mit dem Empfang elektronischer Erklärungen ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt hat (vgl. ArbG Oldenburg, Urt. v. 02.11.2016 - 3 Ca 223/16, juris; Kremer/Schmidt CR 228, 228 ff.; Noack/Kremer in Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, 4. Aufl. 2021, § 126 b BGB Rn. 23; Mansel in Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Aufl. 2021, § 1226 b BGB Rn. 3), was vorliegend nicht der Fall war.

FAQ - häufige Fragen und Antworten zum Thema Lohnabrechnung

Ist eine monatliche Lohnabrechnung für den Arbeitgeber Pflicht?

Nein, dies ist nicht immer der Fall. Der Arbeitgeber muss intern den Lohn abrechnen und die Sozialversicherungsabgaben nebst der Lohnsteuer abführen. Er muss aber nicht immer für jeden Monat dem Arbeitnehmer eine monatliche Lohnabrechnung erteilen. Wenn sich der Lohn zum Vormonat nicht geändert hat, muss zum Beispiel keine Abrechnung erteilt werden.

Sollte man auf Erstellung einer Abrechnung klagen?

Auf Erteilung bzw. Erstellung einer Lohnabrechnung sollte man in der Regel nicht sofort klagen, sondern auf Zahlung des Lohnes. Dies ist in der Regel das Ziel des Arbeitnehmers. Im Übrigen ist die Lohnabrechnung erst bei gezahlten Lohn zu erteilen.

Kann man auf Berichtigung einer falschen Lohnabrechnung klagen?

Ja, dies ist möglich. Allerdings sollte man dies nur machen, wenn es wirklich notwendig ist. In den meisten Fällen dürfte dies nicht so sein. Ein solches Verfahren wäre in den meisten Fällen auch wirtschaflich unsinnig. Auch ist zu beachten, dass die Klage vor dem Sozialgericht und nicht vor dem Arbeitsgericht zu erheben wäre.

Muss die Gegenseite meine Anwaltskosten tragen, wenn ich vor dem Arbeitsgericht gewinne?

Nein, die Kosten des eigenen Rechtsanwalt muss man immer (nur nicht in der 2. Instanz) selbst tragen. Dies ist eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens.

Muss die Lohnabrechnung schriftlich erfolgen?

Nein, für die Abrechnung ist keine Schriftform (§ 126 BGB) vorgeschrieben. Es genügt vielmehr die Einhaltung der Textform gem. § 126b BGB. Ausreichend ist also eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung, die auf eine zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben wird (z.B. Kopie, Fax, E-Mail).

Welchen Inhalt muss die Lohnabrechnung haben?

Die Abrechnung muss wenigstens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten (§ 108 Abs. 1 S. 2 GewO). Das Nähere zum Inhalt und Verfahren der Entgeltbescheinigung nach Abs. 1 regelt die nach Abs. 3 S. 1 erlassene Entgeltbescheinigungsverordnung (EBV).