Die Arbeit auf Abruf, oder auch Abrufarbeit genannt, ist ein Arbeitszeitmodell, bei welchem eine flexible Arbeitszeit vereinbart wird. Dies ist vor allem für den Arbeitgeber von Vorteil. Wenn Abrufarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wird, dann ist der Arbeitnehmer verpflichtet flexibel seine Arbeitsleistung nach dem jeweiligen Arbeitsanfall zu erbringen. Solche Arbeitsverträge findet man oft in der Systemgastronomie.
Wo ist die Arbeit auf Abruf gesetzlich geregelt?
Eine gesetzliche Regelung der Arbeit auf Abruf findet man in § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).
Das Wichtigste vorab:
Die Abrufarbeit ist eine geringe, flexible Teilzeitarbeit.
Der Arbeitgeber kann hier mit Ankündigungsfrist kurzfristig den Arbeitnehmer einsetzen.
Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart
Abrufarbeit - was ist zu beachten?
Für den Arbeitgeber kann die Abrufarbeit erhebliche Vorteile haben. Es handelt sich dabei um eine geringe Teilzeitarbeit um bei Krankheit des Arbeitnehmers ist nur die vereinbarte Mindestarbeitszeit zu vergüten.
Was macht Arbeit auf Abruf für den Arbeitgeber so flexibel?
Bei der Arbeit auf Abruf handelt es sich um eine flexible Teilzeitarbeit. Im Gegensatz zu den meisten anderen Vereinbarung im Arbeitsvertrag über die regelmäßige Arbeitszeit, ist es bei der Abrufarbeit so, dass der Arbeitnehmer kurzfristig mit unterschiedlichen Arbeitszeiten vom Arbeitgeber eingesetzt werden kann. Typisch für die Arbeit auf Abruf ist auch, dass die regelmäßige Arbeitszeit weitaus geringer ist als 40 Stunden pro Woche.
Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Belieben die Arbeit zuteilen?
Nein. Damit die Arbeit nicht allein zulasten des Arbeitnehmers geht, der ja letztendlich eine zusammenhängende Arbeitszeit haben und Geld verdienen möchte, gibt es gesetzliche Vorgaben, die der Arbeitgeber einhalten muss. Er kann also nicht dem Arbeitnehmer zum Beispiel heute 1 Stunde an Arbeitszeit verpflichten und morgen vielleicht nur ebenfalls 1 Stunde.
Was ist, wenn eine Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit im Arbeitsvertrag fehlt?
Fehlt eine Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit im Arbeitsvertrag, so regelt § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, dass die Arbeitsvertragsparteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbart haben.Diese Regelung ist seit dem 01.01.2019 in Kraft. Der Arbeitnehmer ist für diesen Zeitraum bzw. für die vereinbarte Zeit auch zu vergüten, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht oder nicht ordnungsgemäß abgerufen hat.
Was ist beim Fehlen einer Vereinbarung über die tägliche Arbeitszeit?
Fehlt eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die tägliche Arbeitszeit, so bestimmt § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für mindestens 3 aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen hat. Darüber hinaus gilt die "regelmäßige Mindestarbeitszeit" von 20 Wochenstunden.
Was ist, wenn gar nichts zu der täglichen und wöchentlichen Mindestarbeitszeit vereinbart ist?
Wenn nichts zu einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit vereinbart wurde, ist die Arbeit auf Abruf nicht unwirksam, sondern es gilt dann, dass nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt und der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens 3 aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen muss.
Sind die gesetzlichen Arbeitszeiten Mindestarbeitszeiten?
Die gesetzlichen Zeiten des § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetz stellen keine Mindestarbeitszeiten dar. Sie können durch eine Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag auch unterschritten werden.
Darf der Arbeitgeber die vereinbarte wöchentliche Mindestarbeitszeit überschreiten?
Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag nach § 12 Abs. 2 TzBfG eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber maximal bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen.
Wie viele Tage vorher muss der Arbeitgeber den Arbeitseinsatz ankündigen?
Nach § 12 Abs. 3 TzBfG ist der Arbeitnehmer nur dann zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage der Arbeitszeit mindestens 4 Tage im Voraus mitteilt. Dies ist eine gesetzlich geregelte Mindestankündigungsfrist für die Arbeit. Andernfalls kann sich der Arbeitnehmer auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen und muss nicht arbeiten, bekommt aber die Bezahlung.
Darf von den Regelungen durch Tarifvertrag abgewichen werden?
Von den gesetzlichen Regelungen kann zuungunsten des Arbeitnehmers (nur) durch Tarifvertrag abgewichen werden. Von daher ist zu prüfen, ob ein TV hier Anwendung findet und ob dort Abrufarbeit geregelt ist.
Muss eine bestimmte Form eingehalten werden?
§ 12 TzBfG setzt eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Abrufarbeit voraus, allerdings muss diese nach dem Gesetz nicht schriftlich erfolgen. Die Regelungen des Nachweisgesetzes sind allerdings zu beachten.
§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz - Gesetzestext
§ 12 Arbeit auf Abruf
(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
(3) Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.
(4) Zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Anwendung.
(5) Für die Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen nach § 2 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch Tarifvertrag kann von den Absätzen 1 und 3 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.
Nachteile und Vorteile?
Ist die Arbeit auf Abruf für den Arbeitgeber vorteilhaft?
Für den Arbeitgeber ja, sofern er die entsprechenden Regelungen einhält und den Einsatz des Arbeitnehmers im Voraus planen kann.
Ist die Abrufarbeit für den Arbeitnehmer vorteilhaft?
Es kommt darauf an. Bei guter Bezahlung - wenn also der Arbeitslohn stimmt - und entsprechend hoher Mindestarbeitszeit kann auch die Abrufarbeit für den Arbeitnehmer von Vorteil sein.
Entscheidung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2014, Az.: 5 AZR 1024/12 - Wirksamkeit einer Vereinbarung über Arbeit auf Abruf
Haben die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, berührt das nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf. Es gelten die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Arbeitszeiten (§ 12 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 TzBfG).
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG muss die Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Das bedeutet aber nicht, Arbeit auf Abruf sei nur unter dieser Voraussetzung zulässig (vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 31, BAGE 116, 267). Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit bedingt nicht die Unwirksamkeit der Abrede, sondern führt dazu, dass nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden (frühere Regelung; jetzt 20 Stunden) als vereinbart gilt und der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen muss (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 12 TzBfG Rn. 15, 21; HWK/Schmalenberg 6. Aufl. § 12 TzBfG Rn. 12). Für ein Unterschreiten dieser zum Schutze des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Mindestgrenzen bietet das Vorbringen des Klägers keinen Anhalt.
Arbeit auf Abruf liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsanfall, also mit flexibler Arbeitszeit, arbeiten soll. Dies ist in § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG geregelt.
Was bedeutet der Begriff auf Abruf?
Der Begriff "auf Abruf" bedeutet, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Arbeit kurzfristig zuweisst und zwar nur im Bedarfsfall. Der Arbeitgeber muss dies wenigstens 4 Tage im Voraus mitteilen.
Darf meine Arbeitgeber weniger als 20 Stunden pro Woche vereinbaren?
Ja, dies ist möglich. Die gesetzliche Regelung greift nur, wenn keine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart ist.
Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit nach Belieben verteilen?
Die Verteilung der Arbeitszeit bei der Abbrufarbeit im Abrechnungszeitraum ist dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überlassen. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, was der Normalfall ist, dann muss die Abrufarbeit wenigstens 3 aufeinanderfolgende Stunden lang sein. Er kann also nicht den Arbeitnehmer nur für eine Stunde zur Arbeit rufen.
Wie ist der Urlaub geregelt?
Der Urlaub kann sowohl pro Monat als auch pro Jahr vereinbart werden. Der Urlaubsanspruch muss aber den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (Mindesturlaub von 4 Wochen pro Jahr).
Was ist, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Mindestarbeitszeit nicht abruft?
Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer keine Arbeit zuweist, dann führt dies ohne Weiteres zum Annahmeverzug des Arbeitgebers (§ 615 BGB). Er muss den Arbeitnehmer trotzdem bezahlen, obwohl dieser keine Arbeitsleistung erbracht hat. Der Arbeitnehmer muss nicht unbedingt seine Arbeitskraft nochmals anbieten. Dies sollte er aber sicherheitshalber machen.
Was ist, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum mehr Arbeit abruft?
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18. Oktober 2023 – 5 AZR 22/23 –) hat aktuell entschieden, dass eine Vereinbarung über eine längere Abrufarbeit jederzeit möglich ist, aber der Arbeitnehmer diese darlegen und nachweisen muss. Allein aus dem Abrufverhalten des Arbeitgebers kann aber kein solcher Anspruch hergeleitet werden.