Transfergesellschaft | betriebsbedingte Kündigung und Abfindung?
Eine Transfergesellschaft kommt dann ins Spiel, wenn der Arbeitgeber viele betriebsbedingte Kündigungen (Massenentlassungen) vermeiden möchte und es sich um ein größeres Unternehmen handelt. Für den Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, ob für ihn der Eintritt in eine solche Transfergesellschaft sinnvoll ist und was gegebenenfalls mit einem möglichen Abfindungsanspruch ist?
Was ist eine Transfergesellschaft?
Eine Transfergesellschaft ist eine juristische Person die allein dazu dient ausscheidende Arbeitnehmer und Angestellte vorübergehend aufzufangen und durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen entsprechend zu qualifizieren, so dass diese eine neue Arbeit finden. Transfergesellschaften werden von der Bundesagentur für Arbeit gefördert und dienen in der Regel größeren Unternehmen zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen und Massenentlassungen. Der Stellenabbau kann so besser gesteuert werden.
Transfergesellschaft und Aufhebungsvertrag
Um also Massenentlassungen (§ 17 KSchG) zu vermeiden, ist die Gründung einer Transfergesellschaft möglich. Um in eine solche Gesellschaft wechseln zu können, wird der alte Arbeitsvertrag mittels Aufhebungsvertrag aufgehoben und ein neues Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft begründet.
Der Arbeitnehmer muss nicht in die neue Gesellschaft wechseln.
Das Wichtigste zum Thema Kündigung und Transfergesellschaft vorab
Bei drohenden betriebsbedingten Kündigungen (Massenentlassungen) können Arbeitnehmer mit deren Zustimmung in eine Transfergesellschaft beschäftigt werden.
Dazu wird das alte Arbeitsverhältnis mittels Aufhebungsvertrag aufgehoben und ein neuer Vertrag mit der Gesellschaft geschlossen.
Der Arbeitnehmer muss aber der Überführung nicht zustimmen.
Stimmt der Arbeitnehmer nicht zu, muss er mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen.
In der Transfergesellschaft erfolgt keine Beschäftigung, sondern eine Weiterbildung, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Ein Abfindungsanspruch - allerdings reduziert - besteht bei einem Sozialplan oft auch beim Wechsel in die Gesellschaft.
Nach dem Ende des Transfergesellschaft besteht ein ALG I - Anspruch des Arbeitnehmers.
der klassische Fall
Der klassische Fall ist der, dass ein größeres Unternehmen entweder den Betrieb einstellt oder bestimmte Betriebsteile nicht mehr fortführen möchte. Im Normalfall werden jetzt Massenentlassungen erforderlich mit einer entsprechenden Anzeige (Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit) und betriebsbedingte Kündigungen würden von den Unternehmen ausgesprochen werden.
Gesellschaftsgründung
Eine Alternative dazu ist die Gründung einer Transfergesellschaft, die entweder das Unternehmen selbst gründet und betreibt oder diese über einen professionellen Anbieter betreiben lässt. Anstatt die Arbeitnehmer zu kündigen, wird diesen angeboten in die neue Gesellschaft zu wechseln, um sich dort entsprechend für neue Arbeit zu qualifizieren. Eine direkte Beschäftigung erfolgt in den Gesellschaften nicht.
Wahlrecht des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer hat in der Regel immer die Wahl, ob er bei seinem Unternehmen bleibt oder in die Transfergesellschaft wechselt. Was vorteilhaft ist, hängt immer vom Einzelfall ab.
Vorteile
betriebsbedingte Kündigung
Transfergesellschaft
höhere Abfindung denkbar
befristete "Weiterbeschäftigung"
bei guten Chancen auf den Arbeitsmarkt sinnvoll
Suche nach neuer Arbeit abgesichert
schnelle Klärung
Weiterbildung finanziert
Beratung bei Kündigung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht
Beim Erhalt einer Kündigung sollte man immer zum Anwalt, um die Chancen und Handlungsmöglichkeiten abklären zu lassen. Von daher sollte der Arbeitnehmer im Raum Berlin einen Rechtsanwalt in Berlin für das Arbeitsrecht aufsuchen und sich beraten lassen. Nur dieser kann brauchbare Ratschläge geben und kann aus seiner Erfahrung auch die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage abschätzen.
Achtung
Auch die betriebsbedingte Kündigung kann für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein, wenn dieser z.B. gute Chancen auf den Arbeitsmarkt hat und sich nicht weiterbilden muss, um einen guten Job zu bekommen.
Wie erfolgt der Wechsel in die Transfergesellschaft?
Rechtlich erfolgt der Wechsel so:
Aufhebungsvertrag
Dem Arbeitnehmer wird durch seinen ursprünglichen Betrieb ein Aufhebungsvertrag angeboten. Durch Abschluss des Aufhebungsvertrages endet dann das Arbeitsverhältnis zum ursprünglichen Unternehmen.
neuer Arbeitsvertrag mit dem Transferunternehmen
Gleichzeitig wird dem Arbeitnehmer ein neuer Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft angeboten. Mit Abschluss dieses Vertrages besteht dann das Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft bis zu dessen Auflösung bzw. bis zur bis zum zeitlichen Ende der Gesellschaft.
Wer zahlt das Gehalt weiter?
Wenn der Arbeitnehmer zur Gesellschaft wechselt, dann wird das Gehalt von dort gezahlt.
Finanzierung oft durch das Unternehmen
Die Finanzierung der Transfergesellschaft erfolgt in der Regel durch das Unternehmen, eine finanzielle Unterstützung durch die Agentur für Arbeit ist aber möglich.
Transferkurzarbeitergeld
In der Regel wird sogenanntes Transferkurzarbeitergeld gezahlt. Dieses beträgt in der Regel 60 % des ursprünglichen Nettogehalts. Oft wird dieses Transferkurzarbeitergeld auch durch einen Zuschuss, welcher im Sozialplan geregelt ist, aufgestockt.
Transfergesellschaften werden oft zeitlich befristet.
Arbeitslosengeld I
Wenn zum Beispiel nach einem Jahr die Gesellschaft aufgelöst wird und bis dahin alle Arbeitnehmer aus der Gesellschaft ausscheiden, bekommen die Arbeitnehmer, welche noch keinen neuen Job haben, in der Regel ALG I.
keine Sperrzeit
Der Arbeitnehmer hat keine Sperrzeit zu erwarten.
Hinweis
Der Arbeitnehmer erhält - wenn er keinen neuen Job gefunden hat - nach dem Ende des Transfergesellschaft in der Regel Arbeitslosengeld I.
Was passiert mit einer Abfindung beim Wechsel in die Transfergesellschaft?
Wechselt der Arbeitnehmer in die Transfergesellschaft, dann stellt sich die Frage, was mit einer Sozialplanabfindung ist.
Sozialplanabfindung
In der Regel sehen die Sozialpläne hier eine Teilabfindung vor. Der Arbeitnehmer, der die Transfergesellschaft wechselt wird dies nur dann machen, wenn in der Regel zumindest auch eine gewisse Abfindung erhält. Dies wird im Sozialplan berücksichtigt. Der Sozialplan wird zwischen dem Unternehmen und dem Betriebsrat ausgehandelt.
geringerer Abfindungsanspruch
In der Regel bekommt auch der wechselnde Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn auch nicht in gleicher Höhe, wie der Arbeitnehmer der sich betriebsbedingt kündigen lässt. Der Hintergrund ist auch der, dass der Arbeitnehmer, der wechselt ja recht sicher für einen bestimmten Zeitraum weiß, dass er sein Gehalt weiter erhält.
Hinweis
In der Regel ist in einem Sozialplan auch geregelt, ob wechselnde Arbeitnehmer einen Abfindungsanspruch haben.
Ist ein Wechsel in die Gesellschaft sinnvoll?
Ob ein solcher Wechsel sinnvoll ist oder ob gegebenenfalls der Arbeitnehmer es auf eine betriebsbedingte Kündigung ankommen lassen sollte, hängt von vielen Faktoren ab.
Einzelfallentscheidung
Insbesondere kann es für den Arbeitnehmer, der ohnehin gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat es sinnvoller sein nicht in die Transfergesellschaft zu wechseln, der keine Weiterbildung braucht und eine höhere Abfindung nach einem Sozialplan erhalten würde.
Sozialplan
Voraussetzung ist natürlich, dass es einen Sozialplan gibt. Dies ist aber fast immer der Fall, sofern ein Betriebsrat existiert. Existiert kein Betriebsrat, stellt sich die Problematik nicht.
§ 111 Betriebsverfassungesetz
§ 111 Betriebsänderungen
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Urteil - Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 01.03.2016, Az.: 9 TaBV 1519/15- Transfersozialplan
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein von der Einigungsstelle beschlossenen "Transfersozialplan" bei unzureichenden Regelungen zur finanziellen Ausstattung und ungerechtfertigten Nachteilen bei Übertritt in die Transfergesellschaft unwirksam ist.
"Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, der ursprüngliche Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin sei durch eine zulässige unternehmerische Entscheidung weggefallen, weshalb eine Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen nicht mehr möglich gewesen sei. Deshalb habe die Arbeitgeberin nach der Zustimmung des Integrationsamtes der Arbeitnehmerin auch während der Elternzeit kündigen und ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbieten dürfen. Da die Klägerin das Änderungsangebot nicht angenommen hat, wurde das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet."
FAQ zur Transfergesellschaft und betriebsbedingter Kündigung
Was ist eine ordentliche Kündigung?
Eine ordentliche Kündigung im Arbeitsrecht ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit der einzuhaltenden Kündigungsfrist erklärt wird. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer können einen Arbeitsvertrag ordentlich kündigen. Der Arbeitgeber braucht - sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet - einen personenbedingten, betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Grund für die Kündigung.
Was ist eine Transfergesellschaft?
Die Transfergesellschaft ist eine juristische Person, die den Zweck verfolgt, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern eines Betriebes eine neue Beschäftigung zu vermitteln.
Wird der Arbeitnehmer in der Gesellschaft beschäftigt?
Nein, die Transfergesellschaft dient dazu Arbeitnehmer fit für eine andere Tätigkeit durch entsprechende Fortbildung/Weiterbildungsmaßnahmen zu machen.
Müssen Arbeitnehmer mit dem Wechsel zur Transfergesellschaft einverstanden sein?
Nein, die Arbeitnehmer können selbst entscheiden, ob sie beim Unternehmen bleiben oder in die Gesellschaft wechseln. Eine rechtliche Verpflichtung dazu gibt es nicht.
Was geschieht, wenn der Arbeitnehmer nicht wechseln will?
Wenn der Arbeitnehmer nicht in die Transfergesellschaft wechselt, also einen Aufhebungsvertrag mit seinem ursprünglichen Unternehmen schließt, dann wird das Unternehmen in der Regel das Arbeitsverhältnis ist durch eine betriebsbedingte Kündigung beenden. Dies heißt aber noch nicht, dass diese Kündigung dann auch wirksam ist. Der Arbeitnehmer kann sich dagegen mittels Kündigungsschutzklage wehren.