Corona und Schmerzensgeld, Ersatz der Behandlungskosten und Verdienstausfall
Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Arbeitgeber haben, wenn dieser schuldhaft eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Zu einem solchen Schadensersatzanspruch kann auch ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld (§§ 823, 847 BGB) bestehen, wobei es hier allerdings Besonderheiten gibt, insbesondere bei Arbeitsunfällen. Hier besteht nur äußerst selten ein entsprechender Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gegenüber dem Arbeitgeber wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs. Hier besteht in der Regel nur ein Anspruch des Arbeitnehmers bei vorsätzlichen Handeln des Arbeitgebers (siehe § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
Schutz vor Corona-Infektion am Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber hat im bestehenden Arbeitsverhältnis Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer. Er muss einen sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Dazu zählt auch, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist dem Arbeitnehmer Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen, insbesondere Schutzausrüstungen, die verhindern, dass sich der Arbeitnehmer während der Arbeit mit einer Krankheit infiziert.
Corona-Schutzmaske
Eine solche Schutzausrüstung ist insbesondere auch eine Corona-Atemschutzmaske. Diese muss zur Verfügung gestellt werden, insbesondere, wenn die Gefahr besteht, dass sich der Arbeitnehmer im Betrieb beim Umgang mit Kunden oder anderen Mitarbeitern mit Corona infizieren kann.
Maskenpflicht am Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber darf auch eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz anordnen. Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 15. Oktober 2020 – 42 Ga 13034/20) hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bestätigt. Ein Gesichtsschirm reicht hier nicht aus.
Befreiungsatteste
Ein Großteil der Befreiungsatteste sind rechtlich unverbindlich, da diese nur pauschal ohne Angaben von nachvollziehbaren Gründen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ablehnen. Oft handelt es sich um Gefälligkeitsatteste. Dazu gibt es bereits diverse Entscheidungen, zum Beispiel die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg (Urteil vom 16.12.2020, Az.: 4 Ga 18/20).
Testpflicht am Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber kann im Betrieb eine Testpflicht am Arbeitsplatz einführen.
Tipp
Arbeitsgericht Siegburg und Schadenersatz gegenüber dem Arbeitgeber bei einer betrieblichen Infektions mit Corona
Das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass ein Anspruch einer Krankenschwester auf Ersatz der Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld gegenüber dem Arbeitgeber nicht besteht. Im vorliegenden Fall fehlt es an der Nachweisbarkeit der Infektion mit Corona am Arbeitsplatz.
Krankenschwester und Corona-Infektion
Die klagende Arbeitnehmerin war in einem Pflegeheim als Krankenschwester tätig. Im März 2020 arbeitete sie in der Essensausgabe und half Bewohnern beim Essen, ohne vom Arbeitgeber eine Atemschutzmaske erhalten zu haben. Anfang April 2020 wurde die Krankenschwester positiv auf Corona getestet und erkrankte schwer an Corona. Auch 12 Bewohner des Pflegeheims infizierten sich mit Corona. Die Krankenschwester verklagte ihren Arbeitgeber und verlangte den Ersatz der Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld.
keine Nachweis der Infektion am Arbeitsplatz
Das Arbeitsgericht lehnte den Anspruch schon deshalb ab, da die Klägerin die Kausalität zwischen ihrer Erkrankung und der Pflichtverletzung des Arbeitgebers (kein ausreichender Schutz am Arbeitsplatz) nachweisen konnte. Die Entscheidung bedeutet also nicht, dass grundsätzlich kein solcher Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehen kann, sondern, dass es im Einzelfall schwer ist die Ursächlichkeit zwischen der Erkrankung und der Pflichtverletzung des Arbeitgebers nachzuweisen.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg, Urteil vom 30.03.2022 – 3 Ca 1848/21
Die Klägerin habe nicht hinreichend darlegen können, dass eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers für ihre Erkrankung ursächlich geworden sei. Es habe nicht mit Sicherheit festgestellt werden können, dass die Klägerin sich an ihrem Arbeitsplatz angesteckt habe. Es sei für das Gericht unklar geblieben, bei wem sie sich in welcher Situation angesteckt haben will. Auch wenn aus einem ärztlichen Attest der Klägerin hervorging, dass sie sich am Arbeitsplatz angesteckt haben soll, war für die Kammer nicht nachvollziehbar, wie die Ärztin zu dieser Feststellung und Aussage gekommen sein will, da sie die Klägerin wohl kaum im fraglichen Zeitraum rund um die Uhr begleitet habe und die Klägerin sich auch außerhalb ihres Arbeitsplatzes angesteckt haben könnte.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.