Keine Impfung - kein Lohn - dies stimmt so nicht!
Schon jetzt soll darauf hingewiesen werden, dass sich wahrscheinlich in den wenigsten Fällen etwas an der Rechtslage für ungeimpfte Arbeitnehmer ändern wird. Seitens der Medien und auch der Politiker sind hier viele Begriffe durcheinander "gewürfelt" worden und die Landesminister können auch keine Bundesgesetze, wie das BGB (hier § 616 BGB) und das Bundesinfektionsschutzgesetz ( § 56 IfSG) ändern.
Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz
Das Infektionsschutzgesetz sieht in bestimmten Fällen-auch für den Fall der Corona Quarantäne durch eine Behörde-eine Entschädigung vor.§ 56 des Infektionsschutzgesetzes bestimmt, dass der Arbeitnehmer eine erhält, wenn dieser aufgrund einer behördlichen Quarantäne die Arbeitsleistung nicht erbringen kann und keinen Lohn erhält. Dem Arbeitnehmer muss ein Schaden durch den behördliche (gesetzliche) Quarantäneanordnung entstanden sein. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitslohn zahlt, geht der Anspruch auf den Arbeitgeber über und dieser kann somit eine Entschädigung in gleicher Höhe erhalten. Aber schon jetzt steht in § 56 des Infektionsschutzgesetzes, dass wenn eine Person (z.B. ein Arbeitnehmer) eine öffentlich empfohlene Impfung nicht wahrnimmt und eine behördliche Quarantäne-Anordnung erhält, keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz hat.
Anspruch auf Lohn nach § 616 BGB
Was oft übersehen wird ist, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch hat nach § 616 BGB auf Zahlung seines Lohnes (Entgeltfortzahlung), wenn diese aus persönlichen Gründen an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert ist. Danach haben die meisten Arbeitnehmer auch bisher den Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen können. Diese Norm enthält eine Ausnahme vom Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn", indem sie dem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch unter bestimmten Umständen trotz Nichtleistung gewährt. Der Arbeitnehmer ist aufgrund der Quarantäneanordnung nicht in der Lage seine Arbeitsleistung zu erbringen (und darf diese auch gar nicht erbringen) und zwar aus persönlichen Gründen. In diesen Fall muss der Arbeitgeber nach § 616 BGB den Arbeitslohn fortzahlen. Dies gilt aber nur dann, wenn dieser Anspruch nicht ausgeschlossen wurde. Ein Ausschluss findet man manchmal im Arbeitsverträgen, was grundsätzlich zulässig ist.
§ 616 BGB - Vorübergehende Verhinderung
§ 616 BGB
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
Muss der Arbeitgeber nun bei Quarantäne eines ungeimpften Arbeitnehmers den Lohn fortzahlen?
Antwort: Meiner Ansicht nach, ja. Ausnahme: Die Anwendung von § 616 BGB wurde vorher ausgeschlossen.
Engeltfortzahlung auch für ungeimpfte Personen
Überwiegend wird von den Gerichten die Ansicht vertreten, dass der Anspruch nach § 616 BGB den Regelungen aus dem Infektionsschutzgesetz über eine Entschädigung vorgeht (siehe dazu die akutelle Entscheidung des OVG Lüneburg -Beschluss vom 02.07.2021, 13 LA 258/21). D.h. dass diese Norm vorrangig Anwendung findet. Auch eine nicht geimpfte Person kann aus persönlichen Gründen bei angeordneter der Quarantäne ihre Arbeitsleistung nicht bringen und damit liegen die Voraussetzungen für eine Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gem. § 616 BGB vor.
selbst verschuldete Quarantäne?
Ganz unumstritten ist dies allerdings nicht. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass man als Arbeitgeber einwenden könnte, dass ja die Möglichkeit der Impfung bestanden hat und zumindest-überwiegend in der Wissenschaft die Auffassung vertreten wird, dass die Impfung vor Corona schützt. Zumindest schützt diese vor schwere Verläufe bei der Coronainfektion. Mit dieser Argumentation könnte man weiter ausführen, dass der Arbeitnehmer, der sich bewusst nicht impfen lässt von daher schuldhaft die Situation herbeigeführt hat. Ob dies tatsächlich so von den Arbeitsgerichten entschieden werden wird, bleibt unklar. Dies bleibt abzuwarten. Dagegen spricht aber, dass auch geimpfte Personen ansteckend sein können und von daher ebenfalls eine Quarantäne notwendig sein kann.
Krankheit und Arbeitsunfähigkeit
Ganz klar von der Situation der behördlich angeordneten Quarantäne zu unterscheiden, ist der Fall, dass der Arbeitnehmer tatsächlich an Corona erkrankt ist und vom Arzt arbeitsunfähig geschrieben wird. In dieser Situation - beim Vorliegen einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - greift ein völlig anderes Gesetz, nämlich das Entgeltfortzahlungsgesetz und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber dem Arbeitgeber, da er arbeitsunfähig ist. Hierbei dürfte es keinen Unterschied machen, ob der Arbeitnehmer geimpft oder ungeimpft ist. Theoretisch könnte man aber auch hier daran denken, dem nicht geimpften Arbeitnehmer zu unterstellen, dass er die Krankheit selbst verschuldet hat. Dies geht aber, meiner Ansicht nach, zu weit, da ebenfalls geimpfte Personen erkranken können und man damit auch einen faktischen Impfzwang aufbauen würde, was nicht zulässig ist.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Als Rechtsanwalt für das Arbeitsrecht in Berlin/ Prenzlauer Berg berate ich Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Entscheidung des OVG Lüneburg -Beschluss vom 02.07.2021, 13 LA 258/21
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist, wie das Verwaltungsgericht zurecht angenommen hat, der Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB nicht subsidiär gegenüber dem Anspruch aus § 56 IfSG. Nach § 616 Satz 2 BGB geht der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Eine Subsidiarität des § 616 BGB, wie sie von der Klägerin behauptet wird, ergibt sich nicht aus § 56 IfSG. Vielmehr ist § 56 IfSG subsidiär, so dass weder ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG noch ein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers besteht, wenn der Arbeitnehmer einen Vergütungsfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB gegen den Arbeitgeber hat
Kündigung und Lohnzahlung
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Rechtsanwalt Andreas Martin
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