Nachtzuschlag für Arbeitnehmer - wann bekomt man die Zulage für Nacharbeit?
Arbeitnehmer wissen im Groben, dass sie bei Nachtarbeit einen Zuschlag bzw. eine Zulage zum Arbeitslohn erhalten können. Ab wann man den Nachtzuschlag erhält und in welcher Höhe dieser anfällt, ist oft nicht bekannt. Der Grund dafür ist auch der, dass es keine eindeutige gesetzliche Regelung über die Höhe des Zuschlags für die Nachtarbeit gibt. Der nachfolgende Artikel soll hier etwas Klarheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bringen.
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Arbeit --> Nachtarbeit
Arbeit --> Schichtarbeit
Was ist Nacht- und Schichtarbeit?
Viele Arbeitnehmer müssen Nachtarbeit und Schichtarbeit leisten. Aus der modernen Arbeitswelt ist auch diese Arbeitsweise nicht wegzudenken.
gesetzliche Grundlage
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die Schicht- und Nachtarbeit. Dieses Gesetz ist die Rechtsgrundlage und enthält Schutzvorschriften für die Nacht- und Schichtarbeitnehmer. Der Gesetzgeber ist hier einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.1.1992 – 1 BvR 1025/82) gefolgt.
Gefahren für die Gesundheit durch Nachtarbeit
Die Nachtarbeit ist grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und eine zusätzliche Belastung. Diese führt nämlich zu Schlaflosigkeit, Appetitstörungen, Störungen des Magen-Darm-Traktes, erhöhter Nervosität und Reizbarkeit sowie zu einer Herabsetzung der Leistungsfähigkeit und ist von daher gefährlich. Die Gefahren der Nachtarbeit für die Gesundheit der Arbeitnehmer beruhen auf arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und sind empirisch belegt.
Was ist Nachtarbeit?
Die Nachtarbeit ist gesetzliche im Arbeitszeitgesetz definiert. Eine solche liegt vor, wenigsten für 2 Stunden in der Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien in der Zeit von 22 bis 5 Uhr, gearbeitet wird. Der Gesetzgeber spricht hier von Nachtzeit. Dies steht in § 2 Abs. 3 und Absatz 4 des Arbeitszeitgesetzes.
Was ist Schichtarbeit?
Schichtarbeit liegt vor, wenn wenigstens 2 Arbeitnehmer eine übereinstimmende Arbeitsaufgabe erfüllen, indem sie sich regelmäßig nach einem feststehenden Plan ablösen. Der jeweils abgelöste Arbeitsplatz braucht dabei nicht identisch zu sein, wenn nur die betroffenen AN austauschbar sind (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.7.1990, 4 AZR 295/89, NZA 1991, 23).
Übersicht
Nachtarbeit
Schichtarbeit
Definition
Arbeit in der Nacht für wenigstens 2 Stunden
2 Arbeitnehmer lösen sich auf einem Arbeitsplatz zeitlich ab
Beginn
um 23:00 Uhr
Beginn der festgelegten Schicht
Ende
um 06:00 Uhr
Ende der festgelegten Schicht
Ausnahmen
Bäckereien/ Konditoreien (zwischen 22 und 5 Uhr)
keine
Umsetzungsanspruch
Nach § 6 Abs. 4 des ArbzG haben Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen einen Umsetzungsanspruch auf einen Tagesarbeitsplatz.
Dies ist der Fall wenn,
a) nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b) im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c) der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen.
Der Arbeitnehmer muss einen Antrag (Verlangen) auf Umsetzung stellen.
Benachteiligungsverbot
Nachtarbeitnehmer dürfen wegen der Nachtarbeit nicht benachteiligt werden. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist in § 6 Abs. 6 ArbZG konkretisiert.
Nachtarbeit kostet Geld, Zeit und hat negative gesundheitliche Folgen für den Arbeitnehmer.
Nachtzuschlag oder freie Tage
Die Kompensation für diese erschwerte Form der Arbeit kann durch den Arbeitgeber sowohl in zusätzlichen freien Tagen oder in einem Zuschlag zur Vergütung erfolgen. Der Arbeitgeber kann auch beide Möglichkeiten kombinieren. Die Entscheidung darüber trifft der Arbeitgeber. Besteht ein Betriebsrat so hat dieser ein Mitbestimmungsrecht.
tarifliche Regelung geht vor
Sofern ein Tarifvertrag die Kompensation der Nachtarbeit regelt, so geht dieser vor.
Anspruch auf Nachtzuschlag?
Der Arbeitgeber muss eine Kompensation für die nächtliche Arbeit leisten. Diese kann aber in Form eines entgeltlichen Zuschlags, aber auch durch bezahlte Freizeit erfolgen.
Ausgleich der Nachtarbeit in der Übersicht
Ausgleich der Nachtarbeit
freie Tage
Nachtarbeitszuschlag
Höhe des Zuschlags für die Nachtarbeit
Wie hoch der Zuschlag für die Nachtarbeit ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Es liegt hier ein unbestimmter Rechtsbegriff vor, der von der Rechtsprechung ausgefüllt werden muss. Grundsätzlich kann man nach dem Bundesarbeitsgericht (vom 9. Dezember 2015, Az. 10 AZR 423/14) unterscheiden, ob dauerhafte Nachtarbeit vorliegt oder nicht. Die dauerhafte Nachtarbeit rechtfertigt in der Regel einen Zuschlag von 30 %. Bei der normalen Nachtarbeit ist in der Regel wenigstens 25 % an Zuschlag zu zahlen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Zu beachten ist auch, dass diese Regelungen nur dann zum Tragen kommen, wenn es keine tarifvertragliche Regelung gibt. Dies steht so auch ausdrücklich im Gesetz.
Übersicht
Nachtarbeit
Dauernachtarbeit
Höhe des Zuschlags
25 % pro Stunde
30 % pro Stunde
Ausnahme
andere Regelung im Tarifvertrag
andere Regelung im Tarifvertrag
§ 5 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz
§ 6 Abs. 5 ArbZG - Nacht- und Schichtarbeit
(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
Klage auf Nachtarbeitszuschläge
Bei der Frage, ob man bei der Klage auf Zuschläge für die Nachtarbeit einen Rechtsanwalt für das Arbeitsrecht einschalten sollte kommt es darauf an, um wie viel Lohn es geht. Bei geringen Nachforderungen ist es sinnlos einen Anwalt einzuschalten, da die Anwaltskosten in der ersten Instanz immer selbst zu tragen sind. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber im Zahlungsverzug ist oder der Arbeitnehmer das Verfahren gewinnt.
Kostentragung vor dem Arbeitsgericht
Der Arbeitgeber muss also niemals den Anwalt des Arbeitnehmers im außergerichtlichen Bereich oder in der ersten Instanz zahlen.Trotzdem macht eine zügige Lohnklage oft Sinn. Der Arbeitnehmer zahlt also seinen Anwalt selbst.
außergerichtlich
1. Instanz
2. Instanz
Anwaltszwang
kein Anwaltszwang
kein Anwaltszwang
Anwaltszwang
Erstattung der Anwaltskosten
keine Erstattung
keine Erstattung
Erstattung
Erstattung der Gerichtskosten
fallen nicht an
Erstattung
Erstattung
Prozesskostenhilfe möglich?
Beratungshilfe
PKH möglich
PKH möglich
Rechtsberatung durch Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin Prenzlauer Berg
Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – Anwalt A. Martin
Urteil - Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2015, Az. 10 AZR 423/14
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage der Höhe von Nachtzuschlägen zu beschäftigen und hat dazu folgende Grundsätze aufgestellt:
Ausführungen des BAG
Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht. ...
Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen.
Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden.
Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 – 5 AZR 148/08 – Rn. 12).
Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll.
FAQ zum Thema Lohn und Zuschläge für Nachtarbeit
Was ist Nachtarbeit?
Nachtzeit ist im Arbeitszeitgesetz definiert. Dies ist die Arbeitszeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr für wenigstens 2 Stunden pro Nacht.
Was ist Schichtarbeit?
Die Schichtarbeit ist nicht im Arbeitszeitgesetz definiert. Nach der Rechtsprechung liegt aber Schichtarbeit vor, wenn mindestens 2 Arbeitnehmer eine übereinstimmende Arbeitsaufgabe erfüllen, indem diese sich regelmäßig nach einem feststehenden Plan ablösen.
Was ist ein Tagesarbeitsplatz?
Ein Tagesarbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz, bei dem keine Nachtarbeit geleistet werden muss.
Wie lange darf man in der Nacht arbeiten?
Nach § 6 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz darf die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten. Hiervon gibt es nur wenige Ausnahmen geben. So kann unter Umständen auch eine Nachtschicht 10 Stunden betragen, wenn im Durchschnitt der letzten 3 Monate nicht mehr als 8 Stunden in der Nacht gearbeitet wurden.
Wie hoch ist der Zuschlag für Nachtarbeit?
Sofern es keine tarifvertragliche Regelung gibt, ist nach dem Bundesarbeitsgericht für jede Nachtstunde wenigstens ein Zuschlag von 25 % (brutto) zu zahlen. Ein Dauernachtarbeitnehmer hat sogar einen Anspruch auf Zahlung eines 30-prozentigen Zuschlags gegen den Arbeitgeber.
Muss der Arbeitgeber immer einen Entgeltzuschlag zahlen?
Nein, nach dem Gesetz (§ 6 Abs. 5 ArbZG) ist entweder ein Zuschlag für die Nachtarbeit zu zahlen oder es hat ein Ausgleich durch freie Tage zu erfolgen. Dabei stehen die Möglichkeit der Zahlung und der Freizeitgewährung gleichwertig nebeneinander. Die Zahlung hat also keinen Vorrang.
Wer entscheidet, ob es für die Nachtarbeit mehr Geld oder mehr Freizeit gibt?
Der Arbeitgeber entscheidet, ob er als Ausgleich für die Belastungen der Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag zahlt oder ob er bezahlte freie Tage gibt. Der Betriebsrat hat dabei ein Mitspracherecht.
Wie kann man den Anspruch auf Zahlung von Nacharbeitszuschlag durchsetzen?
Der Arbeitnehmer kann hier auf Gewährung von Ausgleichzeiten oder auf Entgeltzuschläge klagen. Ist das Arbeitsverhältnis beendet ist nur noch eine Auszahlung von Zuschläge möglich.