Die klassischen Fälle der krankheitsbedingten Kündigung sind die Arbeitsunfähigkeit wegen einer Langzeiterkrankung oder häufigen Kurzzeiterkrankungen.
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Kündigung --> Langzeiterkrankung
Kündigung --> Kurzzeiterkrankungen
Prüfung einer Kündigung wegen Erkrankung des Arbeitnehmers
Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie folgt erfolgen:
- negativen Zukunftsprognose,
- Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Ausfall des Arbeitnehmers,
- Interessenabwägung,
- Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
negative Gesundheitsprognose
Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft während eines erheblichen Zeitraums arbeitsunfähig erkrankt sein wird. Die negative Zukunftsprognose muss sich auf objektive Anhaltspunkte stützen. Dies hat der Arbeitgeber nachzuweisen.
Man schaut sich dabei die Fehltage der letzten 3 Jahre an. Ausgeheilte Erkrankungen (z.B. Blinddarm-OP) werden herausgerechnet.
Zeitpunkt der Prognoseentscheidung
Für die Prognose des Arbeitgebers ist vom Zeitpunkt der Kündigung auszugehen. Vor der Kündigung liegende Zeiträume sind nicht einzurechnen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2007 - 2 AZR 239/06).
Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers
Die Fehlzeiten müssen eine Betriebsbeeinträchtigung hervorrufen, die über das bei der Personalplanung von vornherein einzuplanende Maß an Arbeitsausfall hinausgeht und von dem individuellen Betrieb nicht mehr getragen werden kann.
Dabei unterscheidet man zwischen Langzeit- und Kurzzeiterkrankungen
Langzeiterkrankungen des Arbeitnehmers
Eine lang andauernde Einzelerkrankung des Arbeitnehmers berechtigt dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde.
Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers auszugehen.
häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers
Häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers können ebenfalls ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein. Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen.
Die betrieblichen Interessen können durch die von der Entgeltfortzahlung ausgehenden wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein, wobei die wirtschaftliche Gesamtlage des Arbeitgebers unerheblich ist.
Interessenabwägung
Eine soziale Korrektur wird durch eine abschließende Interessenabwägung vorgenommen.
Bei der Interessenabwägung werden u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers berücksichtigt.
Frühere Erkrankungen des Arbeitnehmers, welche die Dauer von sechs Wochen pro Jahr nicht übersteigen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zu berücksichtigen, da durch sie der Arbeitgeber noch nicht unangemessen benachteiligt wird.
Arbeitsunfall
Ist die Erkrankung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen, ist bei der Interessenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die direkt auf dem Arbeitsunfall beRuhense Erkrankung rechtfertigt nämlich nie eine Kündigung, nur bei mittelbar durch den Arbeitsunfall hervorgerufenen Krankheiten kann in Ausnahmefällen eine personenbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt sein.
anderer Arbeitsplatz vorhanden
Eine Umsetzung im Betrieb kann unter Umständen eine mildere Maßnahme als die Kündigung sein.
Beeinträchtigt die Krankheit den Arbeitnehmer zwar in der Ausübung der bisherigen Arbeit, gibt es aber in dem Unternehmen des Arbeitgebers eine andere Tätigkeit, die der (oft kranke) Arbeitnehmer ausüben könnte, muss der Arbeitgeber diesen eine Versetzung anbieten, wenn der dort beschäftigte (gesunde) Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden kann.
Weiterbeschäftigung auf freien Arbeitsplatz
Eine Weiterbeschäftigung auf einen anderen freien Arbeitsplatz ist immer ein milderes Mittel als die Kündigung. Hier muss kein anderer Arbeitnehmer versetzt werden.
Der Arbeitgeber muss darlegen und nachweisen, dass kein anderer (leidensgerechter) freier Arbeitsplatz vorhanden ist.
Gesundheitsprognose | betriebliche Interessen | Interessenabwägung |
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Zeitpunkt der Kündigung | fehlende Planungssicherheit | Alter des Arbeitnehmers |
Rückschluss aus Krankheiten in der Vergangenheit | hohe Kosten für Lohnfortzahlung | Dauer des Arbeitsverhältnisses |
allgemeine Krankheitsanfälligkeit ausreichend | Störung der Betriebsabläufe | betriebliche Krankheitsursachen? |
BEM - betriebliches Eingliederungsmanagement
Der Arbeitgeber ist gehalten vor Ausspruch der Kündigung ein sog. BEM durchzuführen. Die fehlende Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vor dem Ausspruch der personenbedingten Kündigung kann negative Auswirkungen für den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess haben.