Home News Kündigung wegen Krankheit - Abfindung möglich?

Kündigung wegen Krankheit - muss der Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?

Kündigung wegen Erkrankung und Entschädigung durch den Arbeitgeber
Eine Kündigung wegen der Krankheit des Arbeitnehmers kommt nicht selten vor. Es stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitnehmer bei einer krankheitsbedingten Kündigung eine Abfindung erhalten kann bzw. einen Anspruch auf wirtschaftliche Entschädigung wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes hat gegenüber dem Arbeitgeber hat.

Abfindung bei krankheitsbedingter Kündigung

Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Arbeitnehmer haben oft-wenn eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber folgt-den Wunsch nicht mehr beim Arbeitgeber weiterzuarbeiten und stattdessen eine Abfindung zu bekommen. Ob man bei der krankheitsbedingten Kündigung einen Abfindungsanspruch hat und wie man gegebenenfalls eine Abfindung gegen den Arbeitgeber durchsetzen kann, soll hier erörtert werden.

Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

Krankheit und Arbeitsunfähigkeit sind nicht immer deckungsgleich. Eine Krankheit ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der eine Heilbehandlung erfordert. Krankheiten sind z.B. von daher Bluthochdruck, Schnupfen und ein gebrochenes Bein. Die Krankheit muss dazu führen, dass der Arbeitnehmer die arbeitsrechtlich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Die Arbeitsleistung muss entweder unmöglich oder wesentlich erschwert sein. Ein Bauarbeiter kann, wenn er leicht erkältet und heiser ist, seine Arbeitsleistung noch erbringen. Für einen Sänger aber ist dies nicht mehr möglich.

Was ist eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine einmalige Geldzahlung des Arbeitgebers als Entlassungsentschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Abfindung wird sehr oft als Ergebnis von Vergleichsverhandlungen vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlt. Die Abfindung steuerrechtlich begünstigt, da keine Sozialversicherungsabgaben darauf zu entrichten sind.

Gibt es einen allgemeinen Abfindungsanspruch bei Kündigung?

Einen allgemeinen Abfindungsanspruch, aufgrund einer allgemeinverbindlichen gesetzlichen Regelung, gibt es nicht. In der Praxis haben wahrscheinlich mehr als 90 % der gekündigten Arbeitnehmer - zumindest in Berlin und Brandenburg - keinen Abfindungsanspruch. Trotzdem werden vor den Arbeitsgerichten - wenn sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehrt - oft Abfindungen ausgehandelt.


Kündigungsschutzklage

Der einzige Weg zur Abfindung ist fast immer die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.


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Kündigung während Krankschreibung

Eine Kündigung während der Krankschreibung, also der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, ist nach deutschem Arbeitsrecht nicht verboten! Dies heißt aber noch nicht, dass die Kündigung auch rechtmäßig ist.

Besteht ein Abfindungsanspruch bei krankheitsbedingter Kündigung?

Wichtig ist, dass man zunächst zwei rechtliche Fallgestaltungen voneinander unterscheidet.

Kündigungsgrund

Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung und besteht auch kein besonderer Kündigungsschutz, dann braucht der Arbeitgeber noch nicht einmal einen Kündigungsgrund. Trotzdem ist der Arbeitnehmer nicht schutzlos gestellt und kann sich gegen eine solche Kündigung wehren. Was er genau tun kann, erfahren Sie hier.

kein Kündigungsverbot bei Krankschreibung

Wichtig ist zunächst zu wissen, dass der Arbeitgeber auch grundsätzlich während einer Erkrankung des Arbeitnehmers sowohl ordentlich als auch außerordentlich kündigen kann, wenn er einen Kündigungsgrund beziehungsweise einen wichtigen Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) hat. Ein Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gibt es nach dem deutschen Arbeitsrecht nicht. Die Krankheit selbst kann aber nie der Kündigungsgrund sein, sondern nur die wirtschaftlichen Nachteile, die dem Arbeitgeber aufgrund der krankheitsbedingten Fehlzeiten entstehen.

Kündigungsgrund kann auch Krankheit selbst sein

Auch wenn es kein Kündigungsverbot aufgrund einer Erkrankung des Arbeitnehmers gibt, heißt dies nicht, dass jede Kündigung des Arbeitgebers während der Arbeitsunfähigkeit auch rechtmäßig ist. Es kann nämlich allgemeiner Kündigungsschutz Anwendung finden und dann braucht der Arbeitgeber für die Kündigung einen Kündigungsgrund. Dieser Kündigungsgrund kann auch die Erkrankung selbst sein.

Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit

Um es kurz zu machen, in der Regel hat ein Arbeitnehmer, der eine Kündigung aus personenbedingten Gründen (krankheitsbedingt) erhält, keinen Abfindungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Dies gilt aber auch für eine betriebsbedingte oder personenbedingte Kündigung, dass es keinen allgemeinen Abfindungsanspruch nach dem deutschen Arbeitsrecht gibt. Das Kündigungsschutzgesetz ist als Schutz vor einer Kündigung und nicht als Abfindungsrecht normiert worden.

ausnahmsweiser Abfindungsanspruch

Ausnahmsweise kann doch ein Abfindungsanspruch bestehen, wenn zum Beispiel in einem Tarifvertrag sich eine entsprechende Abfindungsregelung befindet. Eine Regelung in Arbeitsverträgen über Abfindungen gibt es äußerst selten. Auch ein begründeter Auflösungsantrag kann zu einem Abfindungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers führen. Aber auch dies kaum sehr selten vor.

Abfindungszahlung in der Praxis bei personenbedingten Kündigung Trotzdem werden-wenn sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehrt-oft Abfindungen vor den Arbeitsgerichten auch bei krankheitsbedingten Kündigungen ausgehandelt.

Prozessrisiko im Kündigungsschutzverfahren

Die Chancen sind umso höher, umso wahrscheinlicher es ist, dass der Arbeitnehmer das Kündigungsschutzverfahren gewinnt. Dies heißt, wenn einer Kündigung des Arbeitgebers aus krankheitsbedingten Gründen nicht viel dran ist, hat der Arbeitnehmer gute Chancen entweder eine Weiterbeschäftigung oder gegebenfalls eine Abfindung zu erreichen.

Abfindungshöhe

Die Höhe der Abfindung richtet sich nicht nach irgendwelchen Abfindungsformeln, sondern nach dem Prozessrisiko sowie den persönlichen Daten des Arbeitnehmers, wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Anzahl der minderjährigen Kinder sowie vor allem nach dem Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers bzw. dessen Anwalts.

Abfindung bei Krankheit und Kündigung

Bei einer Kündigung wegen langanhaltender Erkrankung des Arbeitnehmers oder bei häufigen Kurzzeiterkrankungen besteht kein allgemeiner Abfindungsanspruch. Trotzdem lohnt sich fast immer die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht, da im Gütetermin dann oft ein Abfindungsvergleich geschlossen wird.

Wann besteht Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer?

Kündigungsschutz vor einer Kündigung des Arbeitgebers kann es in Form des allgemeinen Kündigungsschutzes und des Sonderkündigungsschutzes geben. Daneben gibt es auch noch - im Kleinbetrieb und in der Probezeit - den Mindestkündigungsschutz, der aber in der Praxis keine große Rolle spielt. Gute Chancen auf eine Abfindung bestehen nur, wenn der allgemeine Kündigungsschutz greift oder Sonderkündigungsschutz.

allgemeiner Kündigungsschutz

Der allgemeine Kündigungsschutz schützt den Arbeitnehmer vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers. Vom allgemeinen Kündigungsschutz spricht man, wenn der Schutz des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Bei einer Kündigung des Arbeitgebers hilft meist nur die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Die Chancen ein solches Kündigungsschutzverfahren zu gewinnen oder eine Abfindung mit dem Arbeitgeber auszuhandeln, hängen oft davon ab, ob auf das Arbeitsverhältnis der sog. allgemeiner Kündigungsschutz Anwendung findet.

Kündigungsschutzgesetz

Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht und der Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden regelmäßig beschäftigt.

Sonderkündigungsschutz

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz besteht für bestimmte Arbeitnehmergruppen ein besonderer Kündigungsschutz. So sind zum Beispiel Schwangere, Auszubildende, Schwerbehinderte, Betriebsräte, Schutzbeauftragte, Arbeitnehmervertreter und Mitarbeiter in der Pflege- oder Elternzeit besonders geschützt. Der Sonderkündigungsschutz kann neben dem allgemeinen Kündigungsschutz bestehen.

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Chancen auf Zahlung einer Entlassungsentschädigung

Je besser die Chancen des Arbeitnehmers sind, den Kündigungsschutzprozess zu gewinnen, um so wahrscheinlicher ist in der Regel auch ein Abfindungsvergleich vor dem Arbeitsgericht.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Kündigung wegen Krankheit vorliegen?

Die klassischen Fälle der krankheitsbedingten Kündigung sind die Arbeitsunfähigkeit wegen einer Langzeiterkrankung oder häufigen Kurzzeiterkrankungen.

stateDiagram-v2 Kündigung --> Langzeiterkrankung Kündigung --> Kurzzeiterkrankungen

Prüfung einer Kündigung wegen Erkrankung des Arbeitnehmers

Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie folgt erfolgen:

  • negativen Zukunftsprognose,
  • Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Ausfall des Arbeitnehmers,
  • Interessenabwägung,
  • Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

negative Gesundheitsprognose

Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft während eines erheblichen Zeitraums arbeitsunfähig erkrankt sein wird. Die negative Zukunftsprognose muss sich auf objektive Anhaltspunkte stützen. Dies hat der Arbeitgeber nachzuweisen.

Man schaut sich dabei die Fehltage der letzten 3 Jahre an. Ausgeheilte Erkrankungen (z.B. Blinddarm-OP) werden herausgerechnet.

Zeitpunkt der Prognoseentscheidung

Für die Prognose des Arbeitgebers ist vom Zeitpunkt der Kündigung auszugehen. Vor der Kündigung liegende Zeiträume sind nicht einzurechnen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2007 - 2 AZR 239/06).

Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers

Die Fehlzeiten müssen eine Betriebsbeeinträchtigung hervorrufen, die über das bei der Personalplanung von vornherein einzuplanende Maß an Arbeitsausfall hinausgeht und von dem individuellen Betrieb nicht mehr getragen werden kann.

Dabei unterscheidet man zwischen Langzeit- und Kurzzeiterkrankungen

Langzeiterkrankungen des Arbeitnehmers

Eine lang andauernde Einzelerkrankung des Arbeitnehmers berechtigt dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde.

Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers auszugehen.

häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers

Häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers können ebenfalls ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein. Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen.

Die betrieblichen Interessen können durch die von der Entgeltfortzahlung ausgehenden wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein, wobei die wirtschaftliche Gesamtlage des Arbeitgebers unerheblich ist.

Interessenabwägung

Eine soziale Korrektur wird durch eine abschließende Interessenabwägung vorgenommen.

Bei der Interessenabwägung werden u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers berücksichtigt.

Frühere Erkrankungen des Arbeitnehmers, welche die Dauer von sechs Wochen pro Jahr nicht übersteigen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zu berücksichtigen, da durch sie der Arbeitgeber noch nicht unangemessen benachteiligt wird.

Arbeitsunfall

Ist die Erkrankung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen, ist bei der Interessenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die direkt auf dem Arbeitsunfall beRuhense Erkrankung rechtfertigt nämlich nie eine Kündigung, nur bei mittelbar durch den Arbeitsunfall hervorgerufenen Krankheiten kann in Ausnahmefällen eine personenbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt sein.

anderer Arbeitsplatz vorhanden

Eine Umsetzung im Betrieb kann unter Umständen eine mildere Maßnahme als die Kündigung sein.

Beeinträchtigt die Krankheit den Arbeitnehmer zwar in der Ausübung der bisherigen Arbeit, gibt es aber in dem Unternehmen des Arbeitgebers eine andere Tätigkeit, die der (oft kranke) Arbeitnehmer ausüben könnte, muss der Arbeitgeber diesen eine Versetzung anbieten, wenn der dort beschäftigte (gesunde) Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden kann.

Weiterbeschäftigung auf freien Arbeitsplatz

Eine Weiterbeschäftigung auf einen anderen freien Arbeitsplatz ist immer ein milderes Mittel als die Kündigung. Hier muss kein anderer Arbeitnehmer versetzt werden.

Der Arbeitgeber muss darlegen und nachweisen, dass kein anderer (leidensgerechter) freier Arbeitsplatz vorhanden ist.


Gesundheitsprognosebetriebliche InteressenInteressenabwägung
Zeitpunkt der Kündigungfehlende PlanungssicherheitAlter des Arbeitnehmers
Rückschluss aus Krankheiten in der Vergangenheithohe Kosten für LohnfortzahlungDauer des Arbeitsverhältnisses
allgemeine Krankheitsanfälligkeit ausreichendStörung der Betriebsabläufebetriebliche Krankheitsursachen?

BEM - betriebliches Eingliederungsmanagement

Der Arbeitgeber ist gehalten vor Ausspruch der Kündigung ein sog. BEM durchzuführen. Die fehlende Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vor dem Ausspruch der personenbedingten Kündigung kann negative Auswirkungen für den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess haben.

Kündigung bei Krankschreibung

Die Krankheit selbst kann nie der Kündigungsgrund sein, sondern nur die Auswirkungen der Erkrankung auf den Betriebsablauf.

§ 1 Abs. 2 und 3 Kündigungsschutzgesetz

Gesetzestext § 1 KSchG

§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG | sozial ungerechtfertigte Kündigungen

  • (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

Urteil - Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 15.12.2022, Az.: 2 AZR 162/22 zur krankheitsbedingten Kündigung

BAG - und krankheitsbedingte Kündigung

Die Zustimmung des Integrationsamts zu einer krankheitsbedingten Kündigung begründet nicht die Vermutung, dass ein (unterbliebenes) betriebliches Eingliederungsmanagement die Kündigung nicht hätte verhindern können.


Eine auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützte Kündigung ist nicht iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers "bedingt", wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt. Solche Maßnahmen können insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen - seinem Gesundheitszustand entsprechenden - Arbeitsplatz sein. Darüber hinaus kann sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, es dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung zu ermöglichen, die im Rahmen eines bEM als zielführend erkannten Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, um dadurch künftige Fehlzeiten auszuschließen oder zumindest signifikant zu verringern (vgl. BAG 18. November 2021 - 2 AZR 138/21 - Rn. 12; 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 24, BAGE 150, 117).


Danach hat der Beklagten die Darlegung oblegen, dass auch mit Hilfe eines bEM keine milderen Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten erkannt oder entwickelt werden können. Sie war nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, der seit dem 12. Dezember 2014 durchgehend arbeitsunfähig erkrankten Klägerin ein bEM anzubieten. Dieser Verpflichtung ist sie nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Die Beklagte durfte die Einleitung des bEM-Verfahrens nicht davon abhängig machen, dass die Klägerin die von der Beklagten vorformulierte Datenschutzerklärung über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen sowie Gesundheitsdaten unterzeichnet.

Wie kann man sich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung wehren?

Um es kurz zu machen, in der Regel hat der Arbeitnehmer nur eine Chance sich gegen die krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers zu wehren und diese Chance besteht darin eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Eine Klage auf Abfindung gibt es nur in den seltensten Fällen.

Handeln durch Klageerhebung erforderlich

Macht der Arbeitnehmer nichts und handelt auch nicht innerhalb von drei Wochen und erhebt Klage, dann wird die Kündigung, egal ob diese wirksam oder unwirksam wäre oder gegen Recht verstößt oder nicht, automatisch wirksam. Diese sogenannte Wirksamkeitsfiktion ist gesetzlich in § 7 des Kündigungsschutzgesetzes geregelt.

Rat zur Klage

Hat der Arbeitnehmer also auch nur geringste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung, wird ein Anwalt in der Regel zu Erhebung der Kündigungsschutzklage raten. Dieser einfache Ratschlag ist meist auch der effektivste und die Voraussetzung zur einfacheren Durchsetzung diverser Ansprüche. Keinesfalls darf die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage, die drei Wochen ab Zugang der Kündigung beträgt, verpasst werden.

außergerichtlicher Schriftverkehr

Jeglicher außergerichtlicher Schriftverkehr ist in den meisten Fällen wenig sinnvoll und kostet unnötig Zeit.

Chancen bei Kündigung während Arbeitsunfähigkeit

Basiert die Kündigung während der Erkrankung darauf, dass personenbedingt gekündigt werden soll, sind die Chancen für den Arbeitnehmer meist nicht schlecht.

RECHTSBERATUNG DURCH EINEN ANWALT MACHT OFT SINN

Die Beratung durch einen Rechtsanwalt für das Arbeitsrecht wird in der Regel so erfolgen, dass dieser zunächst den Sachverhalt und das Ziel des Mandanten erfragt. Dazu ist erforderlich, dass der Anwalt sich auch zumindest den Arbeitsvertrag nebst aller Änderungsanträge anschaut und Kenntnis darüber hat, welche Kündigungsschutz nun auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

allgemeiner Kündigungsschutz

Wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Monate beim Arbeitgeber tätig ist und dort mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden beschäftigt sind, dann hat der Arbeitnehmer den sog. allgemeinen Kündigungsschutz. Dieser Schutz ist für den Arbeitnehmer recht komfortabel. Der Arbeitgeber braucht nämlich dann für die Kündigung einen Kündigungsgrund.

betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung

Er kann die Kündigung auch betriebsbedingte Gründe, personenbedingten Gründe oder verhaltensbedingt Gründe stützen. Jeden Kündigungsgrund muss er genau darlegen und notfalls beweisen. Dies ist recht schwierig.

Chancen vor dem Arbeitsgericht sind für den Arbeitnehmer oft gut

Wenn also der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift, hat der Arbeitnehmer meist gute Chancen einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen.

Anwaltliche Beratung im Arbeitsrecht - Prenzlauer Berg

Ich berate gern in Kündigungsschutzsachen als Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei in Berlin Prenzlauer Berg / Pankow.

  • Rechtsanwalt Andreas Martin

FAQ zur Kündigung während der Krankschreibung

Was ist eine Kündigung?

Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden.

Besteht ein allgemeiner Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber?

Nein, es gibt keinen allgemeinen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Abfindung gibt es nur in seltenen Fällen.

Wann besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gegen den Arbeitgeber?

Ein solcher Abfindungsanspruch kann in folgenden Fällen bestehen 1. Abfindungsangebot nach § 1 a KSchG durch den Arbeitgeber 2. vereinbarte Abfindung im Aufhebungsvertrag 3. Sozialplanabfindung (oft nach Stilllegung) 4. wirksamer Auflösungsantrag des Arbeitnehmers beim Arbeitsgericht.

Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine personenbedingte Kündigung, die wegen einer langen Erkrankung des Arbeitnehmers oder wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen erfolgt. Es muss eine negative Gesundheitsprognose für den Arbeitnehmer bestehen. Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung.

Kann die Krankheit für sich ein Kündigungsgrund sein?

Nein, die Erkrankung ist kein Verschulden des Arbeitnehmers. Eine Krankheit von daher an sich kann nie den Kündigungsgrund darstellen. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber entstehen.

Ist eine Kündigung während der Krankheit möglich?

Ja, eine Kündigung während der Erkrankung des Arbeitnehmers ist möglich. Es gibt kein gesetzliches Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit.

Welche Fälle der krankheitsbedingten Kündigung gibt es?

Es ist zu unterscheiden zwischen lang andauernden Krankheiten und häufigen Kurzerkrankungen. Häufige Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein, der als Kündigungsgrund ausreichend ist.

Wie muss die Kündigung während der Erkrankung zugestellt werden?

Die Kündigung während der Erkrankung des Arbeitnhemers kann ganz normal per Post, am besten per Einwurf/ Einschreiben oder durch den Einwurf durch einen Zeugen zugestellt werden. Eine persönliche Übergabe ist nicht erforderlich.

Braucht der Arbeitgeber für eine Kündigung während der Krankheit einen Grund?

Ja, der Arbeitgeber braucht einen Kündigungsgrund, wenn der Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dies ist dann der Fall, wenn mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit beim Arbeitgeber arbeiten und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Dann darf der Arbeitgeber ordentlich nur betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt kündigen. Die Kündigung aufgrund der Krankheit ist dann eine Kündigung aus personenbedingten Gründen.

Besteht ein Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit?

Nein, nach dem deutschen Arbeitsrecht gibt es kein Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Wenn der allgemeine Kündigungsschutz greift, braucht der Arbeitgeber aber einen Kündigungsgrund.

Darf der Arbeitnehmer während seiner eigenen Krankheit kündigen?

Ja, der Arbeitnehmer kann während der eigenen Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis ordentlich durch Kündigung beenden (Eigenkündigung). Die Frist ist einzuhalten.

Kann die Krankheit für sich ein Kündigungsgrund sein?

Nein, die Erkrankung ist kein Verschulden des Arbeitnehmers. Eine Krankheit von daher an sich kann nie den Kündigungsgrund darstellen. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber entstehen.

Was ist, wenn der Arbeitnehmer seit 1,5 Jahren dauerhaft krank ist?

Bei so langer andauernden anderhalbjähriger Krankheit ist die negative Gesundheitsprognose begründet, wenn ein Ende der Erkrankung nicht in Sicht ist. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden (Urteil vom 13.05.2023 - 2 AZR 565/14).

Wer zahlt bei einer Kündigung im Krankheitsfall?

Während des bestehenden Arbeitsverhältnis zahlt der Arbeitgeber für 6 Wochen die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Daran ändert die Kündigung zunächst nichts. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet aber der Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Eine Ausnahme besteht nur dann, dass der Arbeitgeber aus Anlass der Erkrankung gekündigt hat. Wenn dies nachweisbar der Fall ist, dann zahlt der Arbeitgeber bis zum Ende der Erkrankung, maximal aber für 6 Wochen, auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.

Darf der Arbeitgeber nach einer Schwerbehinderung des Arbeitnehmers fragen?

Ja, nach Ablauf von 6 Monaten - der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz - darf der Arbeitgeber aus berichtigten Anlass nach einer Schwerbehinderung des Arbeitnehmers fragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigen möchte.