Wann ist das Ende der Krankheitszeit am letzten Tag der Krankschreibung?
Bei Krankheit des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber den Lohn zahlen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Wann genau der erste Krankentag beginnt und wann der letzte Tag bei einer Arbeitsunfähigkeit endet,soll hier erläutert werden.
Für den Arbeitnehmer ist wichtig, wann die Arbeitsunfähigkeit beginnt und endet.
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Arbeitsunfähigkeit --> Anfang
Arbeitsunfähigkeit --> Ende
Gesundschreibung
Eine Gesundschreibung gibt es nicht. Der Arbeitnehmer muss dann wieder zur Arbeit, wenn die Arbeitsunfähigkeit nach dem Attest des behandelnden Arztes ausgelaufen ist. Die Arbeitsunfähigkeit erfolgt fast immer befristet auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes.
Achtung
Krankheit muss nicht immer Arbeitsunfähigkeit bedeuten, es kommt immer auf die vertragliche geschuldete Arbeitsleistung an.
Wie lange gilt eine Krankschreibung am letzten Tag?
Der Hintergrund der Frage, wann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am letzten Tag endet bzw. um wie viel Uhr diese endet, ist oft der, dass Arbeitnehmer meinen, dass sie bei der Arbeitsunfähigkeit zu Hause bleiben müssen.
Freitzeitaktivitäten während der Krankheit
Oft wird irrig angenommen, dass man keinerlei Freizeitaktivitäten während einer Arbeitsunfähigkeit nachgehen darf oder auch nicht zum Beispiel essen gehen darf. Dies ist falsch.
einige wichtige Begriffe
Zunächst sollen hier nochmals einige wichtige Begriffe im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit und Krankheit erläutert werden.
Krankheit
Eine gesetzliche Definition des Begriffs Krankheit gibt es im Entgeltfortzahlungsgesetz nicht. Nach dem medizinischen Krankheitsbegriff liegt ist eine Krankheit jeder regelwidrige körperliche oder geistige Zustand (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Unerheblich ist dabei auf welcher Ursache die Erkrankung beruht.
Schwangerschaft
Eine normal verlaufende Schwangerschaft ist keine Krankheit im medizinischen Sinn.
Arbeitsunfähigkeit
Eine Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit liegt dann vor, wenn ein Krankheitsgeschehen den Arbeitnehmer im objektiv-medizinischen Sinn außerstande setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr aufnehmen oder fortsetzen könnte, in absehbarer naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2016, 5 AZR 167/16).
konkrete Arbeitsaufgabe des Arbeitnehmers
Bei der Frage, ob die Krankheit zu eine Arbeitsunfähigkeit führt, kommt es also immer darauf an, welche Arbeit der Arbeitnehmer verrichten muss. Es kann durchaus sein, dass bestimmte Erkrankungen nur für bestimmte Arbeitnehmer zu einer Arbeitsunfähigkeit führen und für andere nicht. Dies entscheidet letztendlich der Arzt.
Beispiel
Ein Bauarbeiter kann bei der leichten Erkältung und Heiserkeit noch seine Arbeit verrichten. Dies gilt aber nicht mehr für einen Sänger. Dieser ist auf seine Stimme angewiesen und könnte seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen.
Wartezeit
Der Arbeitgeber muss erst 4 Wochen nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz vornehmen. Dies ist die sog. Wartezeit. Davor besteht nur ein Krankengeldanspruch des Arbeitnehmers.
ärztliches Attest und Einreichung
Im Gesetz steht, dass die Einreichung des Attestes innerhalb von drei Tagen zu erfolgen hat. Das Gesetz spricht hier zum einen von Kalendertage und zum anderen von Arbeitstagen.
Wichtig ist, dass mittlerweile (2024) der Arbeitnehmer den gelben Schein nicht mehr selbst beim Arbeitgeber einreichen muss. Dieser wird elektronisch übermittelt und kann vom Arbeitgeber bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers abgeholt werden.
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Arbeisunfähigkeit --> Dauer
Wann beginnt der Arbeitsunfähigkeit?
Die Arbeitsunfähigkeit beginnt spätestens an dem Tag, an dem diese vom Arzt festgestellt wurde. In der Regel bekommt der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes und dort ist das Datum des Beginns der Arbeitsunfähigkeit notiert.
Fortzahlung für 6 Wochen und Frist
Dass die Sechswochenfrist für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erst am nächsten Tag rechnerisch beginnt, spielt dabei keine Rolle.
Datum der AU-Bescheinigung
Der Arzt schreibt auf seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankenschein), die der Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ist, keine Uhrzeit. Dies ist auch nicht notwendig, da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sich auf den kompletten Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bezieht.
nachträgliche ärztliche Feststellung
Theoretisch ist es auch möglich, dass der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung so ausstellt, dass die Arbeitsunfähigkeit bereits am Vortag oder zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Dies ist allerdings zumindest dann problematisch, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits mehr als 2 Tage vor dem Arztbesuch vorgelegen haben soll. Es stellt sich dann die Frage, wie der Arzt dies beurteilen konnte.
nachträgliche AU-Bescheinigung
Gemäß § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien soll die Arbeitsunfähigkeit für eine vor der ersten ärztlichen Inanspruchnahme liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist oft problematisch (Grenze 2 Tage).
Beispiel:
Der Dienstbeginn des Arbeitnehmers ist morgens um 8:00 Uhr. Der Arbeitnehmer geht um 10:00 Uhr zum Arzt und um 11:00 Uhr wird die Arbeitsunfähigkeit für diesen Tag festgestellt. Da sich die Arbeitsunfähigkeit auf den kompletten Tag bezieht, hat der Arbeitnehmer hier nicht unentschuldigt (2 oder 3 h) gefehlt. Wichtig ist dabei, dass man unterscheiden muss zwischen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und dem Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit. In fast allen Fällen wird es so sein, dass die Arbeitsunfähigkeit bereits zu Dienstbeginn vorliegt und die Feststellung durch den Arzt dann etwas später erfolgen. Dies ist unproblematisch.
Die Arbeitsunfähigkeit endet am letzten Tag der Krankschreibung um 24:00 Uhr. Dabei ist unerheblich, wann der Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen.
Beispiel:
Hätte der Arbeitnehmer an letzten Tag seiner Krankschreibung bis 18:00 Uhr arbeiten müssen, dann endet die Arbeitsunfähigkeit nicht um 18:00 Uhr, sondern trotzdem um 24:00 Uhr.
Beginn der 6-Wochenfrist für die Lohnfortzahlung
Die 6-Wochenfrist für die Lohnfortzahlung beginnt aber einen Tag später, also am Tag nach der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.
Beginn der Arbeitsunfähigkeit
Ende der Arbeitsunfähigkeit
laut Attest - am gleichen Tag
letzter Tag - 24 Uhr
Achtung
Die Arbeitsunfähigkeit endet am letzten Tag der ärztlich festgestellten Krankschreibung um 24:00 Uhr.
Verhaltenspflichten während der Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitnehmer muss sich so verhalten, dass die Genesung gefördert wird.
Nebentätigkeiten während Arbeitsunfähigkeit
Verrichtet der Arbeitnehmer während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit Nebentätigkeiten, so kann ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund gegeben sein, wenn die Nebentätigkeit den Heilungsprozess verzögert (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2006 - 5 Sa 288/06).
genesungsförderndes Verhalten
Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer muss sich gesundheitsfördernd verhalten, so dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat von daher alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte.
Abmahnung möglich
Verhält sich der Arbeitnehmer nicht gesundheitsfördernd, ist grundsätzlich zunächst eine Abmahnung erforderlich (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 16.10.2013 - 11 Sa 915/12).
Freizeitaktivitäten
Der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer verletzt dann seine Pflichten, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit seiner Pflicht, die Genesung voranzutreiben, nur schwer in Einklang zu bringen sind (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.03.2006 - 2 AZR 53/05).
außerordentliche Kündigung
In Einzelfällen kann durch die Pflichtverletzung auch die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein.
Achtung
Der Arbeitnehmer muss sich während der Krankschreibung gesundheitsfördernd verhalten!
Beratung zum Thema Arbeitsrecht durch Fachanwalt für Arbeitsrecht
3 EFZG – Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Entscheidung Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 17.06.2003 -Az.: 2 AZR 123/02
das BAG hatte sich mit einer ausländischen AU-Bescheinigung befasst
"Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dieses regelmäßig den Beweis für die Tatsache einer Arbeitsunfähigkeit.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG hat der Arbeitnehmer eine Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtlicher Dauer vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage dauert. Der Arbeitgeber ist jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 ihres Arbeitsvertrages war die Klägerin verpflichtet, bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.
Beginnt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Ausland, so sind für den Nachweis besondere Regelungen zu beachten. Nach § 5 Abs. 2 Satz 3, 4 EFZG hat der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer bzw. Fortdauer der deutschen Krankenkasse anzuzeigen. Abweichend hiervon bestimmt Art. 24 iVm. Art. 18 der Verordnung Nr. 574/72/EWG vom 21. März 1972 (ABI. Nr. L 74/1), dass der Arbeitnehmer vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhält und er sich an den ausländischen Sozialversicherungsträger zu wenden hat.
Ein solches Attest hat einen hohen Beweiswert, es ist der gesetzlich vorgesehene und wichtigste Beweis für die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die attestierte Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um die Beweiskraft des Attestes zu erschüttern."
FAQ - Häufige Fragen und Antworten zu den Fristen bei Arbeitsunfähigkeit
Wann liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor?
Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der konkreten Erkrankung nicht in der Lage ist die geschuldte Arbeitsleistung zu erbringen. Die Arbeitsleistung muss entweder unmöglich oder wesentlich erschwert sein.
Was muss der Arbeitnehmer beim Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit machen?
Mit dem Beginn einer Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu informieren. Weiter muss der Arbeitnehmer bei einer Erkrankung von mehr als 3 Kalendertagen dem Arbeitgeber die AU-Bescheinigung übersenden.
Wer zahlt bei einer Kündigung im Krankheitsfall?
Während des bestehenden Arbeitsverhältnis zahlt der Arbeitgeber für 6 Wochen die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Daran ändert die Kündigung zunächst nichts. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet aber der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Ist eine Kündigung während der Krankheit möglich?
Ja, eine Kündigung während der Erkrankung ist möglich. Es gibt kein gesetzliches Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.
An welchen Tag beginnt die Arbeitsunfähigkeit?
Die Arbeitsunfänigkeit beginnt in der Regel mit dem Tag der Feststellung durch den Arzt und ist auf dem Krankenschein vermerkt.
Um wie viel Uhr endet die Krankschreibung am letzten Tag?
Die Krankschreibung endet am letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit um 24:00 Uhr.
Darf der Arbeitnehmer während der Krankschreibung ausgehen?
Der Arbeitnehmer muss sich gesundheitsfördernd verhalten und muss von daher alles unterlassen, was zu einer Verschlechterung bzw. Verlängerung seiner Arbeitsunfähigkeit führt. Er kann also in der Regel Spazierengehen oder sogar leichten Sport machen, wenn dies die Genesung fördert.
Ist Arbeitsunfähigkeit und Krankheit dasselbe?
Nein, die Arbeitsunfähigkeit geht weiter als eine Krankheit. Ein hoher Blutdruck ist eine Krankheit führt aber nicht dazu, dass der Arbeitnehmer deshalb arbeitsunfähig ist.