Kann der Arbeitgeber eine Homeoffice-Vereinbarung zurücknehmen?
Homeoffice ist etwas, das von vielen Arbeitnehmern mittlerweile durchgeführt wird. Eine starke Beschleunigung von Homeoffice ist durch die Coronakrise erfolgt. Viele Arbeitnehmer arbeiten vom Arbeitsplatz, der sich oft in ihrem Zuhause befindet aus.
Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber eine entsprechende Homeoffice-Vereinbarung bzw. Anweisung auch unproblematisch widerrufen bzw. kündigen kann oder ob er daran gebunden ist. Wie so oft, kommt es hier darauf an.
Homeoffice - was ist das?
Homeoffice ist ein Form der mobilen Arbeit, bei der die Arbeitsleistung nicht im Betrieb, sondern außerhalb des Betriebs erbracht wird. Beim Homeoffice handelt es sich das Arbeiten in der häuslichen Umgebung des Arbeitnehmers.
Recht auf Home-Office?
Das Recht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung von zuhause zu erbringen, besteht in der Regel auch nicht gem. § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchVO. Nach dem Willen des Verordnungsgebers gibt diese Vorschrift kein subjektives Recht auf Homeoffice.
Widerruf von Homeoffice
Das Arbeiten von Zuhause aus kann auf einer einseitigen Anordnung des Arbeitgebers (Weisung/ Anordnung) beruhen oder aufgrund einer Vereinbarung zwiwschen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Anordnung der Homeoffice durch den Arbeitgeber
Eine einseitige Anordnung von Homeoffice durch den Arbeitgebber - mit welcher der Arbeitsort geändert wird - kommt nur in Ausnahmesituationen, wie zum Beispiel in der Corona-Pandemie - in Betracht und ist grundsätzlich nur als zeitlich eng begrenzte Maßnahme denkbar. Dies ist durch die Rechtsprechung aber nicht geklärt, allerdings erscheint in Anbetracht des grundrechtlichen Schutzes der eigenen Wohnung (Art. 13 GG) eine längerfristige oder gar dauerhafte Anordnung von Home Office kraft Direktionsrechts problematisch zu sein.
Homeoffice-Vereinbarung
Wie bereits ausgeführt wurde, ist die einseitige Anordnung von Homeoffice rechtlich schwierig und muss zeitlich begrenzt werden. Eine andere Möglichkeit, die unproblematisch besteht, ist die Vereinbarung von Homeoffice. Eine solche Vereinbarung kann als Zusatz oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag getroffen werden und hier müssen allerdings beide Seiten zustimmen. Während der Coronakrise ist dies auch häufig der Fall gewesen. Viele Arbeitnehmer haben Interesse daran von Zuhause aus zu auszuarbeiten.
Anforderungen an Vereinbarungen
Eine solche Zusatzvereinbarung des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber muss aber sorgfältig vereinbart werden. Das Transparenzgebot gilt hier und folglich muss diese Vereinbarung klar und verständlich sein. Weiter darf diese Vereinbarung der Telearbeit auch keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers beinhalten. Eine solche Vereinbarung wird in der Regel von der Rechtsprechung streng kontrolliert, da es sich oft, um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die umfassend von den Arbeitsgerichten geprüft werden.
Unwirksamkeit von Vertragsergänzungen
Die Vereinbarung muss grundsätzlich auch ausgewogen sein. Wenn also in der Home Office-Vereinbarung zum Beispiel steht, dass es allein im Belieben des Arbeitgebers steht, wann und wie er die Arbeit von zu Hause anordnet und ohne jegliche Rücksichtnahme auf den Arbeitnehmer der Arbeitgeber die Homeoffice-Vereinbarung beenden kann, so dürfte eine solche Vereinbarung unwirksam sein. Auch hier ist von der Rechtsprechung noch nicht viel geklärt worden.
§ 106 der Gewerbeordnung - Weisungsrecht des Arbeitgeber - Anweisung
§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
Widerruf der einseitig angeordneten Homeoffice
Wenn der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechten das Arbeiten von Zuhause für den Arbeitnehmer angeordnet hat (ohne dass es darüber eine Vereinbarung gibt), dann ist er grundsätzlich berechtigt diese Anweisung auch wieder einseitig zurückzunehmen.
Rücknahme muss billigem Ermessen entsprechen
Allerdings muss diese Rücknahme der Homeoffice dem billigen Ermessen entsprechen. Er muss also auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Allerdings erfolgt hier von Seiten der Arbeitsgerichte hier nur eine Art Missbrauchskontrolle. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich bei der Rücknahme der Home-Office sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen frei ausüben.
Entscheidung des LAG München, Urteil vom 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21 - Anordnung der Rückkehr aus Homeoffice
Das LAG München hat kürzlich entschieden, dass ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer durch einseitige Weisung gestattet hatte, seine Tätigkeit als Grafiker von zuhause aus zu erbringen, gemäß § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich berechtigt ist, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen.
Der Arbeitgeber darf unter Wahrung des billigen Ermessens den Arbeitsort durch Weisung neu bestimmen. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Verfügungsklägers festgelegt.
Die Weisung habe billiges Ermessen gewahrt, da zwingende betriebliche Gründe der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegenstanden.
Kündigung einer Homeoffice-Vereinbarung durch den Arbeitgeber
Anders ist die Rechtslage, wenn es eine Homeoffice-Vereinbarung gibt. Wie alle Regelung im Arbeitsvertrag kann diese nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden. Allerdings ist zu beachten, dass sich in solchen Homeoffice Vereinbarung sehr oft auch Kündigungsrechte bzw. Widerrufsrechte befinden.
Widerrufsrecht in Vereinbarung über Homeoffice
Faktisch kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass also in dieser Vereinbarung auch steht, dass der Arbeitgeber einseitig die Anweisung zu Homeoffice widerrufen kann.
Wenn dies der Fall sein sollte, dann kommt es darauf an. Solche Vereinbarung werden streng von der Rechtsprechung überprüft, da es sich überwiegend um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt. Es muss nach der Rechtsprechung dargelegt werden, von Seiten des Arbeitgebers, wie die Interessen des Arbeitnehmers hier in der Vereinbarung berücksichtigt wurden.
Eine Vereinbarung über Homeoffice, in der einseitig das Widerrufsrecht jederzeit für den Arbeitgeber geregelt ist, ohne, dass auf Belange des Arbeitnehmers Rücksicht genommen werden, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam.
Entscheidung des LAG Düsseldorf: Urteil vom 10.09.2014 – 12 Sa 505/14 - Anforderungen an eine Homeoffice-Vereinbarung
Eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag (AGB), welche die Beendigung einer vereinbarten Homeoffice für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, ist wegen Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des § 106 Satz 1 GewO gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Die Kammer ist dabei der Überzeugung, dass eine Beendigung von alternierender Telearbeit, wie sie vorliegend vereinbart ist, am gesetzlichen Leitbild des § 106 Satz 1 GewO zu messen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist das gesetzliche Leitbild nicht von vornherein § 2 KSchG. Mit der Vereinbarung von Telearbeit wird der Ort der Arbeitsleistung festgelegt. Damit ist nicht der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses angesprochen, was bereits § 106 Satz 1 GewO belegt. Es geht nicht grundsätzlich um einen Eingriff in den kündigungsrechtlich geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses. Möglich ist deshalb eine Klausel, welche für beide Parteien die einseitige Beendigung der Telearbeit vorsieht, die nicht den Anforderungen des § 2 KSchG entsprechen muss. Weil es dabei um die Frage der Festlegung des Arbeitsortes geht, muss sich diese Klausel an dem Mindestmaßstab einer Direktionsrechtsklausel messen lassen.