Home News BEM | Betriebliches Eingliederungsmanagement - was ist das?|

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) |

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
BEM oder bEM ist die Abkürzung für betriebliches Eingliederungsmanagement und wird machmal auch als Krankenrückführungsgespräch bezeichnet. Es ist Teil der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer und soll seit dem 1.5.2004 laut Gesetzgeber durchgeführt werden.

BEM und Kündigung wegen Krankheit

Das BEM spiel bei einer Kündigung wegen Krankheit eine erhebliche Rolle. Vor Durchführung einer solchen personenbedingten Kündigung wird der Arbeitnehmer oft zum BEM-Gespräch geladen. Ohne Krankenrückführungsgespräch ist es sehr schwierig für den Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung rechtlich durchzusetzen!

Was ist ein BEM?

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein Instrument, um Arbeitnehmern mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten oder häufige Kurzzeiterkrankungen eine möglichst frühzeitige Rückkehr in ihren Betrieb zu ermöglichen. Der Arbeitsplatz soll damit langfristig erhalten werden.

Welche Instrumente gibt es dafür?

Folgende Instrumente stehen dafür zur Verfügung:

  • begleitende Hilfen im Arbeitsleben,
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Hintergrund

Der Arbeitgeber soll gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt sind, die Wiedereingliederung des Beschäftigten gemeinsam mit dem Betriebsrat (falls vorhanden) sowie dem Beschäftigten planen. Oft muss der Arbeitnehmer aber in solchen Situationen damit rechnen, dass eine krankheitsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber vorbereitet werden soll. Der Hintergrund ist also immer eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.

Ziele des Gesprächs

Die Ziele der Krankenrückführung sind nach dem Gesetz folgende:

  • Erhaltung des Arbeitsplatzes
  • Überwindung der Arbeitsunfähigkeit
  • Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeit

inoffizielle Ziele

Von den Zielen des Gesetzgeber ist das Ziel des Arbeitgebers zu unterscheiden. Eine Abweichung muss es hier nicht geben. Diese kommt aber oft vor.

Häufiges Ziel des Arbeitgebers:

  • Ausspruch einer personenbedingten (krankheitsbedingten) Kündigung

Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

Krankheit und Arbeitsunfähigkeit sind oft - aber nicht immer - deckungsgleich. Eine Krankheit ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der eine Heilbehandlung erfordert. Krankheiten sind z.B. von daher Bluthochdruck, Schnupfen und ein gebrochenes Bein.Die Krankheit muss dazu führen, dass der Arbeitnehmer die arbeitsrechtlich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann oder eine Verschlechterung zu befürchten ist. Die Arbeitsleistung muss entweder unmöglich oder wesentlich erschwert sein. Ein Bauarbeiter kann, wenn er leicht erkältet und heiser ist, seine Arbeitsleistung noch erbringen. Für einen Sänger aber ist dies nicht mehr möglich.

Langzeiterkrankungen vs. Kurzzeiterkrankung

Ein Gespräch über die betriebliche Eingliederung ist nicht nur bei lang andauernden Krankheiten des Arbeitnehmers geboten. Es ist auch bei häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers möglich.

Anspruch auf Krankenrückführungsgespräch?

Eine Anspruch des Arbeitnehmers auf das bEM besteht in der Regel nicht. Dies hat das BAG (siehe unten) entschieden.

Was bedeutet Jahresfrist?

Bei der Jahresfrist der Norm ist nicht von dem Kalenderjahr auszugehen, sondern von dem erstmaligen Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Bei der wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers muss innerhalb von zwölf Monaten der Zeitraum von sechs Wochen überschritten sein.Es kommt dabei nicht auf die Ursache der Erkrankung an.


Wie kann sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehren?

Kündigungsschutzklage

Der einzige Weg zur Abfindung ist fast immer die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.


stateDiagram-v2 bEM --> Krankenrückführungsgespräch bEM --> Eingliederung bEM --> Kündigung

Krankheit des Arbeitnehmers und Wiedereingliederung

Eine Kündigung während der Krankschreibung des Arbeitnehmers, also der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, ist nach deutschem Arbeitsrecht nicht verboten! Dies heißt aber noch nicht, dass die Kündigung auch rechtmäßig ist.

Wie läuft das BEM-Gespräch ab?

Zunächst muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum BEM ordnugnsgemäß laden. Dies ist nicht einfach ein solches Schreiben bedarf für eine ordentliche Ladung meist mehrere Seiten. Der Arbeitgeber muss über diverse Faktoren aufklären. Kommt der Arbeitnehmer nicht Gespräch und wurde nicht ordnungsgemäß geladen, dann ist dies ein Problem des Arbeitgebers.

Ladung zum BEM - Inhalt

Das Erstanschreiben zur Krankenkrückführung ist sehr umfangreich und muss sehr genau verfasst werden. Ohne Anwalt ist dies kaum möglich.

Ein solches Schreiben sollte (u.a.) enthalten:

  • Information über die Ziele des Verfahrens und Ablauf
  • Information über Teilnehmer und zulässige Teilnehmer auf Arbeitnehmerseite
  • Datenschutzhinweise
  • Erhebung von Gesundheitsdaten mit gesonderter Aufbewahrung
  • Hinweis, dass der Arbeitnehmer seine Krankheit nicht offenlegen muss
  • Hinweis auf Freiwilligkeit der Durchführung
  • Aufforderung zur Teilnahme an den Arbeitnehmern
  • Hinweis auf Dokumentation des Verfahrens

Ablauf

Das Eingliederungsgespräch muss verlaufs- und ergebnisoffenen sein. Es sollen aller Möglichkeiten zur individuellen Lösungssuche besprochen werden.

In der Regel wird zumindest das Ergebnis schriftlich fixiert.

Der Ablauf ist oft wie folgt:

  • ordnungsgemäße Ladung mit Belehrungen und Hinweisen
  • informelles Erstgespräch
  • Durchführung des Eingliederungsgesprächs

Festhalten des Ergebnisses des Gesprächs

Arbeitgeber, die das BEM nutzen wollen, um einen kranken Arbeitnehmer zu kündigen, versuchen oft am Ende des Gesprächs festzuhalten, dass der Arbeitgeber von seiner Seite hier nichts für die Verbesserung / Wiedereingliederung machen kann. Dem sollte man als Arbeitnehmer nicht zustimmen, sondern möglichst viele Vorschläge machen, was der Arbeitgeber alles zur Verbesserung der Situation / Wiedereingliederung im Betrieb unternehmen kann.

Krankheit und Kündigung

Oft droht nach dem BEM eine krankheitsbedingte Kündigung. Der Arbeitnehmer sollte in der Regel das BEM nicht verweigern und dort möglichst viele Maßnahmen vorschlagen, die seine Integration am Arbeitsplatz fördern könnten.

Wer nimmt am BEM-Gespräch teil?

Am Gespräch über das betriebliche Eingliederungsmanagement nehmen in der Regel mehrere Personen teil. In der Information zum Gespräch ist darauf hinzuweisen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben sich auf das Gespräch vorzubereiten und ggfs. auch eigene Vertrauenspersonen hinzuziehen.

An dem Verfahren können neben den Parteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) und der Interessenvertretung (Betriebsrat) auch folgende Personen beteiligt werden:

  • der Betriebsarzt
  • die Rehabilitationsträger (§§ 39 ff. SGB IX)
  • das Integrationsamt
  • Vertrauensperson des Arbeitnehmers (§ 167 Abs. 2 SGB IX)
  • der Anwalt des Arbeitnehmers (strittig, ob nur mit Zustimmung des Arbeitgebers)

Krankheit und Kündigung

Ob ein Anwalt zum Gespräch hinzugezogen werden darf, ist umstritten.

Was passiert, wenn das BEM nicht rechtmäßig durchgeführt wurde?

Zwar ist das BEM keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung, dennoch sind beide eng miteinander verbunden.

fehlerfreies BEM

Ist das BEM fehlerfrei durchgeführt, steigen die Aussichten des Arbeitgebers eine krankheitsbedingte Kündigung rechtlich wirksam auszusprechen. Allerdings gilt dieser Grundsatz nur dann, wenn das BEM ohne rechtliche Mängel durchgeführt wurde.

fehlerhaftes oder nicht durchgeführtes BEM

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist keine formelle Wirksamkeitsvorsaussetzung für eine personenbedingte Kündigung. Wird das BEM nicht ordnungsgemäß durchgeführt, dann muss der Arbeitgeber aber darlegen und nachweisen, weshalb gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Reha-Träger oder ein leidensgerechter Arbeitsplatz künftige Fehlzeiten auch nicht verhindern können (Urteil des BAG vom 20.11.2014 - 2 AZR 755/13) oder eine Veränderung möglich gewesen ist und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz, bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden kann (Urteil des BAG vom 20.3.2014 - 2 AZR 565/12).

Fazit:

Der Arbeitgeber muss also die Nutzlosigkeit des BEM darlegen und nachweisen, was sehr schwierig ist.

nicht durchgeführtes BEM

Ohne ein wirksames BEM hat der Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung im Kündigungsschutzprozess schlechte Karten.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Kündigung wegen Krankheit vorliegen?

Die klassischen Fälle der krankheitsbedingten Kündigung sind die Arbeitsunfähigkeit wegen einer Langzeiterkrankung oder häufigen Kurzzeiterkrankungen.

stateDiagram-v2 Kündigung --> Langzeiterkrankung Kündigung --> Kurzzeiterkrankungen

Prüfung einer Kündigung wegen Erkrankung des Arbeitnehmers

Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie folgt erfolgen:

  • negativen Zukunftsprognose,
  • Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Ausfall des Arbeitnehmers,
  • Interessenabwägung,
  • Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

negative Gesundheitsprognose

Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft während eines erheblichen Zeitraums arbeitsunfähig erkrankt sein wird. Die negative Zukunftsprognose muss sich auf objektive Anhaltspunkte stützen. Dies hat der Arbeitgeber nachzuweisen.

Man schaut sich dabei die Fehltage der letzten 3 Jahre an. Ausgeheilte Erkrankungen (z.B. Blinddarm-OP) werden herausgerechnet.

Zeitpunkt der Prognoseentscheidung

Für die Prognose des Arbeitgebers ist vom Zeitpunkt der Kündigung auszugehen. Vor der Kündigung liegende Zeiträume sind nicht einzurechnen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2007 - 2 AZR 239/06).

Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers

Die Fehlzeiten müssen eine Betriebsbeeinträchtigung hervorrufen, die über das bei der Personalplanung von vornherein einzuplanende Maß an Arbeitsausfall hinausgeht und von dem individuellen Betrieb nicht mehr getragen werden kann.

Dabei unterscheidet man zwischen Langzeit- und Kurzzeiterkrankungen

Langzeiterkrankungen des Arbeitnehmers

Eine lang andauernde Einzelerkrankung des Arbeitnehmers berechtigt dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde.

Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers auszugehen.

häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers

Häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers können ebenfalls ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein. Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen.

Die betrieblichen Interessen können durch die von der Entgeltfortzahlung ausgehenden wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein, wobei die wirtschaftliche Gesamtlage des Arbeitgebers unerheblich ist.

Interessenabwägung

Eine soziale Korrektur wird durch eine abschließende Interessenabwägung vorgenommen.

Bei der Interessenabwägung werden u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers berücksichtigt.

Frühere Erkrankungen des Arbeitnehmers, welche die Dauer von sechs Wochen pro Jahr nicht übersteigen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zu berücksichtigen, da durch sie der Arbeitgeber noch nicht unangemessen benachteiligt wird.

Arbeitsunfall

Ist die Erkrankung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen, ist bei der Interessenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die direkt auf dem Arbeitsunfall beRuhense Erkrankung rechtfertigt nämlich nie eine Kündigung, nur bei mittelbar durch den Arbeitsunfall hervorgerufenen Krankheiten kann in Ausnahmefällen eine personenbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt sein.

anderer Arbeitsplatz vorhanden

Eine Umsetzung im Betrieb kann unter Umständen eine mildere Maßnahme als die Kündigung sein.

Beeinträchtigt die Krankheit den Arbeitnehmer zwar in der Ausübung der bisherigen Arbeit, gibt es aber in dem Unternehmen des Arbeitgebers eine andere Tätigkeit, die der (oft kranke) Arbeitnehmer ausüben könnte, muss der Arbeitgeber diesen eine Versetzung anbieten, wenn der dort beschäftigte (gesunde) Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden kann.

Weiterbeschäftigung auf freien Arbeitsplatz

Eine Weiterbeschäftigung auf einen anderen freien Arbeitsplatz ist immer ein milderes Mittel als die Kündigung. Hier muss kein anderer Arbeitnehmer versetzt werden.

Der Arbeitgeber muss darlegen und nachweisen, dass kein anderer (leidensgerechter) freier Arbeitsplatz vorhanden ist.


Gesundheitsprognosebetriebliche InteressenInteressenabwägung
Zeitpunkt der Kündigungfehlende PlanungssicherheitAlter des Arbeitnehmers
Rückschluss aus Krankheiten in der Vergangenheithohe Kosten für LohnfortzahlungDauer des Arbeitsverhältnisses
allgemeine Krankheitsanfälligkeit ausreichendStörung der Betriebsabläufebetriebliche Krankheitsursachen?

Kündigung bei Krankschreibung

Die Krankheit selbst kann nie der Kündigungsgrund sein, sondern nur die Auswirkungen der Erkrankung auf den Betriebsablauf.

§ 167 SGB IX

Gesetzestext § 167 SGB IX - Prävention

§ 167 Abs. 2SGB IX | Prävention

  • (2)Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).

Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

Urteil - Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 7.09.2021, Az.: 9 AZR 571/20 zur Durchführung des BEM

BAG - und BEM

§ 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM).

"Die Gerichte müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren, nur den in § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX genannten Stellen, nicht aber den betroffenen Arbeitnehmern einen Anspruch auf Einleitung und Durchführung des bEM einzuräumen. Die Grenzen zulässiger Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung (vgl. hierzu BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - Rn. 72 ff., BVerfGE 149, 126 [BVerfG 23.05.2018 - 1 BvR 97/14]) wären überschritten, würde aus dem Gebot der Rücksichtnahme bzw. der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Rechtsfolge abgeleitet, die der Gesetzgeber mit § 167 Abs. 2 SGB IX bewusst ausgeschlossen hat."


eigene Anmerkung: Der Arbeitnehmer kann also nicht vom Arbeitgeber die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagemen rechtlich verlangen.

Wie kann man sich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung wehren?

Um es kurz zu machen, in der Regel hat der Arbeitnehmer nur eine Chance sich gegen die krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers zu wehren und diese Chance besteht darin eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Eine Klage auf Abfindung gibt es nur in den seltensten Fällen.

Handeln durch Klageerhebung erforderlich

Macht der Arbeitnehmer nichts und handelt auch nicht innerhalb von drei Wochen und erhebt Klage, dann wird die Kündigung, egal ob diese wirksam oder unwirksam wäre oder gegen Recht verstößt oder nicht, automatisch wirksam. Diese sogenannte Wirksamkeitsfiktion ist gesetzlich in § 7 des Kündigungsschutzgesetzes geregelt.

Rat zur Klage

Hat der Arbeitnehmer also auch nur geringste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung, wird ein Anwalt in der Regel zu Erhebung der Kündigungsschutzklage raten. Dieser einfache Ratschlag ist meist auch der effektivste und die Voraussetzung zur einfacheren Durchsetzung diverser Ansprüche. Keinesfalls darf die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage, die drei Wochen ab Zugang der Kündigung beträgt, verpasst werden.

außergerichtlicher Schriftverkehr

Jeglicher außergerichtlicher Schriftverkehr ist in den meisten Fällen wenig sinnvoll und kostet unnötig Zeit.

Chancen bei Kündigung während Arbeitsunfähigkeit

Basiert die Kündigung während der Erkrankung darauf, dass personenbedingt gekündigt werden soll, sind die Chancen für den Arbeitnehmer meist nicht schlecht.

RECHTSBERATUNG DURCH EINEN ANWALT MACHT OFT SINN

Die Beratung durch einen Rechtsanwalt für das Arbeitsrecht wird in der Regel so erfolgen, dass dieser zunächst den Sachverhalt und das Ziel des Mandanten erfragt. Dazu ist erforderlich, dass der Anwalt sich auch zumindest den Arbeitsvertrag nebst aller Änderungsanträge anschaut und Kenntnis darüber hat, welche Kündigungsschutz nun auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

allgemeiner Kündigungsschutz

Wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Monate beim Arbeitgeber tätig ist und dort mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden beschäftigt sind, dann hat der Arbeitnehmer den sog. allgemeinen Kündigungsschutz. Dieser Schutz ist für den Arbeitnehmer recht komfortabel. Der Arbeitgeber braucht nämlich dann für die Kündigung einen Kündigungsgrund.

betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung

Er kann die Kündigung auch betriebsbedingte Gründe, personenbedingten Gründe oder verhaltensbedingt Gründe stützen. Jeden Kündigungsgrund muss er genau darlegen und notfalls beweisen. Dies ist recht schwierig.

Chancen vor dem Arbeitsgericht sind für den Arbeitnehmer oft gut

Wenn also der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift, hat der Arbeitnehmer meist gute Chancen einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen.

Anwaltliche Beratung im Arbeitsrecht - Prenzlauer Berg

Ich berate gern in Kündigungsschutzsachen als Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei in Berlin Prenzlauer Berg / Pankow.

  • Rechtsanwalt Andreas Martin

FAQ zum betrieblichen Eingliederungsmanagement

Was ist das betriebliche Eingliederungsmanagement?

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM oder bEM) ist ein Instrument des Arbeitgebers, um Arbeitnehmern mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten oder häufigen Kurzzeiterkrankungen eine möglichst frühzeitige Rückkehr in ihren Betrieb zu ermöglichen.

Was ist der Zweck des BEM?

Zweck des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, im Gespräch die Ursachen von Arbeitsunfähigkeitszeiten zu ermitteln und diese für die Zukunft durch betriebliche Maßnahmen zu beseitigen oder zu reduzieren.

Muss der Arbeitnehmer teilnehmen?

Nein, eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement besteht nicht.

Muss der Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähigkeit zum BEM erscheinen?

Nein, der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht verpflichtend zum BEM während dessen Krankheit laden. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber während der Krankheit des Arbeitnehmers kein BEM durchführen kann. Wenn der Arbeitnehmer aber von vornherein mitteilt, dass er auf keinen Fall am betrieblichen Eingliederungsmanagement teilnehmen wird, muss der Arbeitgeber dieses nicht durchführen.

Was ist, wenn das BEM nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde?

Wird das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht ordnungsgemäß durchgeführt, führt dies dazu das es kein BEM gibt. Im Kündigungsrechtsstreit ist dies ein erheblicher Nachteil des Arbeitgebers.

Muss das betriebliche Eingliederungsmanagement mehrfach durchgeführt werden?

Ja, wenn seit dem letzten BEM ein Jahr vergangen sind und der Arbeitnehmer wieder arbeitsunfähig krank war.

Was gilt im Kleinbetrieb?

Im Kleinbetrieb (nicht mehr als 10 Arbeitnehmer) muss ein Krankenrückführungsgespräch nicht durchgeführt werden.

Muss man nach Durchführung des BEM mit einer Kündigung rechnen?

Nicht immer ist das Ziel die Kündigung, sondern vorrangig soll der Arbeitsplatz längerfristig erhalten werden. Oft ist aber das Ziel des Arbeitgebers den Arbeitnehmer verhaltensbedingt zu kündigen.

Darf der Arbeitgeber ohne Durchführung des Eingliederungsmanagements kündigen?

Der Arbeitgeber darf auch ohne BEM kündigen. Er muss aber dann nachweisen, dass das Eingliederungsmanagement keinen Erfolg gehabt hätte, was sehr schwer ist.

Darf der Arbeitgeber die Informationen aus dem BEM-Gespräch für eine Kündigung verwenden?

Nein, dies darf der Arbeitgeber nicht. Die Informationen dort - über die Krankheit des Arbeitnehmers - dienen den Zweck der Wiedereingliederung im Unternehmen.

Darf der Arbeitgeber nach einer Schwerbehinderung des Arbeitnehmers fragen?

Ja, nach Ablauf von 6 Monaten - der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz - darf der Arbeitgeber aus berichtigten Anlass nach einer Schwerbehinderung des Arbeitnehmers fragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigen möchte.

Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine personenbedingte Kündigung, die wegen einer langen Erkrankung des Arbeitnehmers oder wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen erfolgt. Es muss eine negative Gesundheitsprognose für den Arbeitnehmer bestehen. Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung.

Kann die Krankheit für sich ein Kündigungsgrund sein?

Nein, die Erkrankung ist kein Verschulden des Arbeitnehmers. Eine Krankheit von daher an sich kann nie den Kündigungsgrund darstellen. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber entstehen.

Ist eine Kündigung während der Krankheit möglich?

Ja, eine Kündigung während der Erkrankung des Arbeitnehmers ist möglich. Es gibt kein gesetzliches Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit.

Welche Fälle der krankheitsbedingten Kündigung gibt es?

Es ist zu unterscheiden zwischen lang andauernden Krankheiten und häufigen Kurzerkrankungen. Häufige Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein, der als Kündigungsgrund ausreichend ist.

Wie muss die Kündigung während der Erkrankung zugestellt werden?

Die Kündigung während der Erkrankung des Arbeitnhemers kann ganz normal per Post, am besten per Einwurf/ Einschreiben oder durch den Einwurf durch einen Zeugen zugestellt werden. Eine persönliche Übergabe ist nicht erforderlich.

Braucht der Arbeitgeber für eine Kündigung während der Krankheit einen Grund?

Ja, der Arbeitgeber braucht einen Kündigungsgrund, wenn der Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dies ist dann der Fall, wenn mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit beim Arbeitgeber arbeiten und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Dann darf der Arbeitgeber ordentlich nur betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt kündigen. Die Kündigung aufgrund der Krankheit ist dann eine Kündigung aus personenbedingten Gründen.

Was ist, wenn der Arbeitnehmer seit 1,5 Jahren dauerhaft krank ist?

Bei so langer andauernden anderhalbjähriger Krankheit ist die negative Gesundheitsprognose begründet, wenn ein Ende der Erkrankung nicht in Sicht ist (Urteil vom 13.05.2023 - 2 AZR 565/14).

Was ist, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht erbringen kann?

Wenn klar ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr aufgrund einer Krankheit (z.B. Schlaganfall) erbringen kann, dann endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch, sondern muss gekündigt werden. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist zulässig. Das Bundesarbeitsgericht geht bei dauerhafter Erkrankung des Arbeitnehmers und Klarheit darüber, dass dieser die Arbeit zukünftig nicht mehr verrichten kann, davon aus, dass eine negative Gesundheitsprognose begründet ist (BAG 10.6.2010, NZA 2010 1234, 14).

Besteht ein Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit?

Nein, nach dem deutschen Arbeitsrecht gibt es kein Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Wenn der allgemeine Kündigungsschutz greift, braucht der Arbeitgeber aber einen Kündigungsgrund.