Home News Abmahnung wegen Verspätung: Wann sie gerechtfertigt ist und wie Arbeitnehmer darauf reagieren sollten!

Abmahnung wegen Verspätung am Arbeitsplatz

Die Pünktlichkeit auf Seiten der Arbeitnehmer ist eine der grundlegenden Anforderungen im Arbeitsverhältnis. In der Regel setzt jeder Arbeitgeber voraus, dass der Arbeitnehmer pünktlich zur Arbeit erscheint und sodann die Arbeit aufnimmt.

Abmahnung im Arbeitsrecht wegen Unpünktlichkeit

Dieser Artikel beleuchtet, unter welchen Umständen eine Verspätung zu einer Abmahnung führen kann, was eine solche Abmahnung beinhalten muss, und gibt einen Überblick über die Möglichkeiten, die dann der Arbeitnehmer hat, um gegen eine solche Abmahnung vorzugehen.


stateDiagram-v2 Pflichtverletzung --> Ermahnung Pflichtverletzung --> Abmahnung

Das Wichtigste vorab:

  • Eine Verspätung des Arbeitnehmers ist in der Regel eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten.
  • Die Abmahnung muss die Pflichtverletzung genau beschreiben und eine Kündigungsandrohung beinhalten.
  • Auch kurze und einmalige Verspätungen können abgemahnt werden.
  • In der Regel sind - bei Unpünktlichkeit - mehrere Abmahnungen vor einer Kündigung erforderlich.
  • Die Umstände (Dauer, Häufigkeit, Verschulden) der Verspätung sind erheblich.
  • Gegen eine Abmahnung kann sich der Arbeitnehmer mit einer Gegendarstellung oder einer Entfernungsklage wehren.
  • Eine Kündigung wegen einer einmaligen Verspätung ist nicht möglich.
  • Für die Abmahnung gibt es keine Formvorschriften, anders als bei der Kündigung oder den Aufhebungsvertrag.

Rechtliche Grundlagen der Abmahnung

Abmahnung wegen Verspätung
Die Abmahnung ist im Verhältnis zur Kündigung das mildere Mittel, um eine Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer zu sanktionieren.

Abmahnungen im Arbeitsrecht

Abmahnungen im Arbeitsrecht dienen dazu, ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu rügen und die Möglichkeit zur Verhaltensänderung zu geben, bevor schwerwiegendere Schritte, wie eine Kündigung eingeleitet werden. Die Abmahnung muss konkretes Fehlverhalten genau benennen, das richtige Verhalten genau beschreiben und eine Aufforderung zur Verhaltensänderung enthalten sowie die Androhung einer Kündigung für den Wiederholungsfall enthalten.

Funktionen der arbeitsrechtlichen Abmahnung

Eine arbeitsrechtliche Abmahnung hat drei Funkionen:

  • Hinweisfunktion
  • Ermahnfunktion
  • Warnfunktion

Hinweis

Eine Abmahnung muss nicht zwingend das Wort „Abmahnung“ enthalten, muss aber das Fehlverhalten klar beschreiben und darüber hinaus klarstellen, wie sich der Arbeitnehmer hätte richtig verhalten müssen. Am Schluss der Abmahnung wird mit einer Kündigung für den Wiederholungsfall gedroht.

Verspätung auf Arbeit und Abmahnung

Nicht jede Verspätung führt direkt zu einer Abmahnung. In der Regel werden Arbeitgeber geringfügige Verspätungen, die selten vorkommen,noch tolerieren. Trotzdem kann der Arbeitgeber bei jeder Verspätung des Arbeitnehmers zunächst abmahnen, denn es die die Pflicht des Arbeitnehmers pünktlich die Arbeit anzutreten.

Voraussetzungen

Voraussetzung ist aber, dass der Beginn der Arbeit durch den Arbeitsvertrag oder durch Weisung festgelegt wird. Nur dann kann eine Verspätung vorliegen.

nur ganz geringfügige Verspätungen

Bei sehr geringen Verspätungen, z.B. 1 Minute zu spät, entfällt eine Abmahnung, da die Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers einen gewissen Schwellenwert haben muss.

Verschulden des Arbeitnehmers

Gerichte berücksichtigen insbesondere die Umstände des Einzelfalls, wie die Dauer der Verspätung und ob es sich um ein wiederholtes Verhalten handelt. Abmahnungen können bei wiederholten Verstößen zu einer Kündigung führen.

Kündigung wegen Zuspätkommen möglich?

Nur in Ausnahmefällen ist eine Kündigung des Arbeitnehmers wegen des Zuspätkommens möglich. In der Regel muss in dieser Sache einschlägig zuvor abgemahnt worden sein bevor eine Kündigung ausgesprochen wird und eine erhebliche, beharrliche Pflichtverletzung vorliegen (siehe Urteil des LAG Schleswig-Holstein unten).

Muster einer Abmahnung wegen Verspätung

Ein Muster einer Abmahnung wegen Verspätung des Arbeitnehmer finden Sie hier.

Was ist der Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung?

Der Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung ist das Fehlen einer Drohung mit einer Kündigung im Wiederholungsfall der Pflichtverletzung. Denn nur bei der Abmahnung droht der Arbeitgeber für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an (dies ist die Warnfunktion). Hierdurch unterscheidet sich die Abmahnung von der Ermahnung, durch welche lediglich eine begangene Pflichtverletzung gerügt wird, ohne dass konkrete arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden.


ErmahnungAbmahnung
ohne Androhung einer KündigungKündigung wird angedroht
Hinweis steht im Vordergrundsoll oft Kündigung vorbereiten

Welche Form ist für die Abmahnung vorgeschrieben?

Für die Abmahnung ist keine spezielle Form – insbesondere auch nicht die Schriftform – vorgeschrieben. Es gibt diesbezüglich keine gesetzliche Regelung.

Schriftform für die Abmahnung?

Die Schriftform gilt auch dann für die Abmahnung nicht, wenn im Arbeitsvertrag eine sog. Schriftformklausel vereinbart wurde. Eine Schriftformklausel ist eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach jede Abrede schriftlich zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber gefasst werden muss. Mündliche Abreden / Vereinbarungen sind von daher unwirksam. Anders als bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist bei einer Abmahnung keine Schriftform vorgeschrieben.

Zusammenfassung zur Form der Abmahnung:

Die Abmahnung muss nicht schriftlich erfolgen. Um spätere Beweisprobleme zu vermeiden, sollte die Abmahnung aber immer schriftlich erfolgen.

Hinweis

EINE UNWIRKSAME ABMAHNUNG IST – AUCH OHNE DAS MAN DIESE MITTELS ENTFERNUNGSKLAGE ANGREIFT – GEGENSTANDSLOS.

Vorgehen gegen Abmahnungen

Der Arbeitnehmer sollte in der Regel nicht:

  • den Inhalt der Abmahnung bestätigen und sich entschuldigen,
  • voreilig eine Gegendarstellung abgeben und den Arbeitgeber auf Fehler im Abmahnschreiben hinweisen oder
  • eine Entfernungsklage beim Arbeitsgericht einreichen.

Warum nicht?

Der Arbeitgeber kann eine unwirksame Abmahnung (anders als eine Kündigung) berichtigen und neu aussprechen. Wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Fehler hinweist, kann er die Abmahnung berichtigen und neu aussprechen. Wenn er die Abmahnung (Sachverhalt) bestätigt, kann er später nicht mehr dagegen vorgehen. Dies gilt auch für das Gerichtsverfahren auf Entfernung einer Abmahnung.

Rat zum Nichtstun!

Der beste Rat für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft ist der Rat zum Nichtstun, auch wenn dies von vielen Arbeitnehmer irritiert zur Kenntnis genommen wird. Der Arbeitnehmer will etwas tun; was aber oft taktisch unklug ist.

Vorgehen gegen Abmahnung im Kündigungsschutzverfahren

Der Arbeitnehmer kann gegen die Abmahnung auch noch später in einem Kündigungsschutzverfahren vorgehen. Dann ist es für den Arbeitgeber oft schwieriger den Sachverhalt der Abmahnung darzulegen oder zu beweisen, da schon einige Zeit vergangen ist.

§ 241 BGB - gesetzliche Regelung

Gesetzestext § 242 BGB

§ 241 BGB - Vertragsbeziehungen und Pflichten

Absatz 2 des § 241 BGB regelt die Rücksichtnahmepflichten innerhalb von Vertragsbeziehungen, was auch die Vermeidung von Störungen im Betriebsklima einschließt.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 31. August 2021 (Az. 1 Sa 70 öD/21)

Urteil des LAG zur Verspätung und Kündigung

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 31. August 2021 (Az. 1 Sa 70 öD/21) befasst sich mit dem Thema wiederholter Verspätungen eines Arbeitnehmers und der daraus resultierenden Möglichkeit einer verhaltensbedingten Kündigung ohne vorherige Abmahnung. In diesem spezifischen Fall kam der Arbeitnehmer an drei von vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder gar nicht zur Arbeit. Das Gericht urteilte, dass solch ein Verhalten je nach den Umständen des Einzelfalls ein hartnäckiges und uneinsichtiges Fehlverhalten darstellen kann, welches eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt.


Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, die verhaltensbedingte Kündigung als zulässig anzusehen. Die wiederholt verspätete Arbeitsaufnahme wurde als Pflichtverletzung gewertet, die weder durch behauptete Arbeitsüberlastung noch durch Schlafmangel gerechtfertigt war. Insbesondere wurde festgestellt, dass ein etwaiger Schlafmangel der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen ist und eine behauptete Arbeitsüberlastung dem pünktlichen Arbeitsbeginn nicht entgegensteht.

Rechtsberatung zur Abmahnung

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berate ich auch zum Thema Abmahnung und Kündigung.

Service für Arbeitnehmer:

Sofern Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung bekommen haben und deren Rechtmäßigkeit überprüfen möchten oder auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte klagen wollen, helfe ich Ihnen gern. Ich berate und unterstütze Sie bei der Wahrung Ihrer Rechte aus dem Arbeitsverhältnis.

Service für Arbeitgeber:

Als Arbeitgeber möchte man beim Thema Abmahnung nichts falsch machen. Hier geht es nicht nur um die Frage der Rüge eines pflichtwidrigen Verhaltens eines Arbeitnehmers, sondern meist auch darum ein Zeichen im Betrieb zu setzen. Nichts ist peinlicher, wenn die Abmahnung gerichtlich überprüft wird und unwirksam ist und sodann vom Arbeitgeber aus der Personalakte entfernt werden muss. Ich helfe Ihnen als Arbeitgeber gern!

Beratung zum Thema Arbeitsrecht durch Fachanwalt für Arbeitsrecht

Für Fragen zum Arbeitsrecht stehe ich Ihnen gern als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin mit Kanzlei Prenzlauer Berg/ Pankow zur Verfügung!


Rechtsanwalt Andreas Martin

Hinweis

ALS FACHANWALT FÜR ARBEITSRECHT BERATE ICH ARBEITNEHMER UND ARBEITGEBER IN MEINER ZWEIGSTELLE IN BERLIN PRENZLAUER BERG.

FAQ - häufige Fragen und Antworten zur Abmahnung im Arbeitsrecht

Wie schreibe ich eine wirksame Abmahnung?

Eine wirksame Abmahnung besteht aus einer genauen Schilderung der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Dabei sollte das Fehlverhalten genau mit Datum, Ort und Zeit beschrieben werden. Weiter muss konkret vom Arbeitgeber beschrieben werden, wie sich der Arbeitnehmer richtig verhalten hätte. Im dritten Teil der Abmahnung muss für den Wiederholungsfall die Kündigung des Arbeitsvertrags angedroht werden.

Wie oft muss man zu spät komnmen, um eine Abmahnung zu erhalten?

In der Regel wird der Arbeitgeber bei einer einmaligen Unpünktlichkeit nicht sofort abmahnen. Theoretisch darf er dies aber, wenn die Verspätung nicht unerheblich ist und der Arbeitnehmer hier keine Entschuldigung hat. In der Praxis bringt eine solche Abmahnung aber nicht viel.

Muss bei Verspätung des Arbeitnehmers vor der Kündigung abgemahnt werden?

Ja, in der Regel schon. Bei einer einmaligen Verspätung handelt es sich um eine einfache Pflichtverletzung. Hier ist eine Abmahnung erforderlich. Der Erst dann darf der Arbeitgeber (beim nächsten gleichartigen Fehlverhalten) verhaltensbedingt kündigen.

Unter welchen Umständen kann eine Abmahnung wegen Verspätung als unverhältnismäßig angesehen werden?

Eine Abmahnung wegen einer einmaligen oder geringfügigen Verspätung kann als unverhältnismäßig angesehen werden, insbesondere wenn die Verspätung unter bestimmten Umständen erfolgte, die außerhalb der Kontrolle des Arbeitnehmers lagen (z.B. unvorhersehbare Verkehrsstörungen/ Streik/ Glateis). Die Verhältnismäßigkeit muss immer gewahrt werden.

Was kann ich als Arbeitnehmer tun, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?

Lassen Sie die Abmahnung sorgfältig auf ihre Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen.

Muss man 3 x abmahnen bevor man kündigen darf?

Dies stimmt nicht. Bei schweren Pflichtverletzungen reicht eine Abmahnung aus, wenn ein gleichartiger schwerer Verstoß im engen zeitlichen Zusammenhang darauf folgt. Dann kann der Arbeitgeber kündigen. Bei leichteren Pflichtverletzungen kann es aber sein, dass auch mehr als 3 Abmahnungen notwendig sind. Schließlich gibt es auch Fälle, bei denen der Arbeitgeber sofort verhaltensbedingt kündigen kann, ohne dass er zuvor abmahnen muss. 1. Beispiel: Der Arbeitnehmer beleidigt einen Arbeitskollegen schwer und stört dadurch erheblich den Betriebsfrieden. Daraufhin wird er vom Arbeitgeber abgemahnt. Kurze Zeit später spricht der Arbeitnehmer erneute eine schwere Beleidigung (in der Öffentlichkeit) gegen die Kollegen aus.

Als Arbeitgeber darf man abmahnen und zugleich kündigen?

Nein, das geht nicht! Es gilt: Entweder abmahnen oder kündigen. Beides zusammen geht nicht. Die Abmahnung soll ja das mildere Mittel zur Kündigung sein und dem Arbeitnehmer nochmals eine Chance geben. 1.Der Arbeitnehmer bleibt trotz einer ersten Abmahnung der Arbeit unentschuldigt für eine 1 Woche fern. Der Arbeitgeber spricht eine zweite Abmahnung aus und kündigt sodann wegen des Sachverhalt. Die Kündigung ist hier unwirksam. Er hätte entweder nochmals abmahnen können oder gleich die Kündigung aussprechen können.

Kann man nicht sofort beim Zuspätkommen des Arbeitnehmers kündigen?

In der Regel muss man vorher abmahnen. Allerdings zeigt das hier zitierte Urteil des LAG Schleswig-Holstein, dass es auch Fälle gibt, bei denen man ohne Abmahnung bei regelmäßiger Verspätung kündigen kann.

Kann eine einmalige Verspätung zu einer Kündigung führen?

Eine einmalige Verspätung führt in der Regel nicht direkt zu einer Kündigung, es sei denn, der Verstoß ist besonders schwerwiegend. Vor einer Kündigung sind normalerweise mehrere Abmahnungen notwendig.

Wer ist abmahnberechtigt bwz. darf für den Arbeitgeber abmahnen?

Abmahnungsberechtigte Personen sind alle Mitarbeiter, die befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich des Orts, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen. Kurzum, wer weisungsbefügt ist, darf auch abmahnen. Dies sind neben dem Geschäftsführer und Prokuristen auch die weisungsbefugten Personen im Betrieb.