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Abfindungsvergleich bei Kündigung - was ist zu beachten?

Abfindungsvergleiche im Kündigungsschutzverfahren spielen im Arbeitsrecht eine erhebliche Rolle. Mehr als die Hälfte aller Kündigungsschutzverfahren enden durch einen Vergleich, der fast immer die Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer vorsieht. Dies ist deshalb erstaunlich, da ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nur äußerst selten vorgesehen ist und die Klage gegen eine Kündigung nicht auf Zahlung einer Abfindung gerichtet ist. Nachfolgend geht es darum, was ein Abfindungsvergleich eigentlich ist und was beim Abschluss zu beachten ist.

Abfindungsvergleich bei Kündigung - was ist das?

Abfindungsvergleich bei Kündigung
Ein arbeitsrechtlicher Abfindungsvergleich nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist zunächst ein Vergleich nach § 779 Abs. 1 BGB. Ein solcher Vergleich ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Solche Vergleich werden oft vor dem Arbeitsgerichten geschlossen und regeln die Zahlung einer Abfindung als Entlassungsentschädigung des Arbeitnehmers für den Verlust des Arbeitplatzes nach einer Arbeitgeberkündigung.

Kündigungsschutzklage bei Kündigung

Zu einem solchen Vergleich kommt es oft dadurch, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt. Der Arbeitnehmer hat dann nur noch die Möglichkeit sich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung zu wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

Kündigungsschutzprozess und Vergleich

Nach Erhebung der Kündigungsschutzklage gibt es einen sogenannten Gütetermin beim Arbeitsgericht. In diesem Gütetermin geht es oft darum, wie man den Rechtsstreit durch eine Einigung beenden kann. Auf den Gütetermin muss man nicht lange warten. Die Güteverhandlung gibt es meist 4-6 Wochen nach Einreichung der Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht.

Vergleich über Abfindung vor dem Arbeitsgericht

Zu einem Vergleich, also zum Abfindungsvergleich, kommt es dann oft im Gütetermin, da viele Arbeitnehmer nicht mehr beim Arbeitgeber nach dem Erhalt der Kündigung weiterarbeiten wollen. Andererseits möchte der Arbeitgeber ebenfalls das Arbeitsverhältnis beendet und keinen langen Rechtsstreit führen. Man einigt sich dann zu Protokoll des Arbeitsgerichtes auf einen Vergleich, der in der Regel auch eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes beinhaltet.

Vorteil des gerichtlichen Vergleichs

Der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs hat den Vorteil, dass man daraus - im Gegensatz zum Vergleich im Aufhebungsvertrag - die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Auch gibt es beim Vergleich im Kündigungsschutzverfahren fast nie Probleme mit der Agentur für Arbeit beim Arbeitslosengeld im Gegensatz zum Auflösungsvertrag.

§ 779 Abs. 1 BGB - Vergleich

Gesetzestext § 779 Abs. 1 BGB

§ 779 Begriff des Vergleichs

  • (1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

Wie kommt ein Abfindungsvergleich zustande?

Es geht hier um den gerichtlichen Prozessvergleich, der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren geschlossen wird.

Zustandekommen des Prozessvergleichs vor dem Arbeitsgericht

Der Vergleich kommt durch die einvernehmliche Protokollierung durch das Gericht zustande. Die Parteien teilen Gericht mit, welche Art sie den Vergleich über welche Streitgegenstände schließen wollen. Entweder formulieren die Parteien den Vergleich selbst zu Protokoll oder das Gericht benutzt im Normalfall bestimmte Textbausteine - so geschieht dies oft beim Arbeitsgericht Berlin - , die gegebenenfalls dann durch Arbeitnehmer Arbeitgeber bzw. deren Anwälte angepasst werden.

Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO

Es besteht auch die Möglichkeit, dass "im schriftlichen Verfahren" durch die Übersendung eines Vergleichsvorschlags an das Arbeitsgericht, das Gericht den Vergleich später protokolliert und an die Parteien übersendet. Diese Möglichkeit ist in § 278 Abs. 6 ZPO geregelt.

§ 278 Abs.6 - schriftlicher Vergleich

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

Welchen Inhalt hat ein gerichtlicher Vergleich?

Ein Abfindungsvergleich regelt nicht nur die Abfindung, sondern hat darüber hinaus noch eine Vielzahl anderer Regelungen, die wichtig sind.

sinnvolle Regelungen im Abfindungsvergleich

So findet man in fast jeden Abfindungsvergleich auch eine Regelung, wann das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet wurde, in welcher Höhe eine Abfindung zu zahlen ist, was mit dem Arbeitslohn ist, ob es eine Freistellung gibt oder nicht, was mit Urlaubsansprüche bzw. Ansprüchen auf Überstundenvergütung geschieht und ob und wenn ja welches Arbeitszeugnis der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erteilen soll.

typische Regelungen im Prozessvergleich

Typische Regelung im Abfindungsvergleich Sinn von daher:

  • Beendigungszeitpunkt
  • Art der Kündigung (betriebsbedingt)
  • Freistellung bis zum Beendigungstermin
  • Anrechnung von Urlaub und Überstunden im Freistellungszeitraum
  • Lohnzahlung
  • Erstellung eines Arbeitszeugnisses
  • Erstellung einer Arbeitsbescheinigung
  • Herausgabe von Gegenständen
  • Erledigungsklausel

Kündigung und Beendigungszeitpunkt

In der Regel fangen derartige Prozessvergleiche damit an, dass man zunächst aufnimmt, zu welchem Zeitpunkt aufgrund der Kündigung des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden hat. Dieser Beendigungstermin ist äußerst wichtig, auch im Hinblick auf gegebenfalls Lohnzahlungen und darauf, bis wann noch die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu bringen sind.

Formulierung: Beendigungstermin

Eine solche Regelung könnte zum Beispiel lauten:

  • "Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger ordentlicher fristgerechter Kündigung aus betriebsbedingten Gründen vom … zum … (Beendigungstermin) sein Ende gefunden hat."

Zahlung einer Abfindung

Eine weitere typische Regelung für einen Prozessvergleich nach einer Kündigungsschutzklage ist die Aufnahme der Zahlung einer Entlassungsentschädigung für den Arbeitnehmer. Diese Abfindungszahlung wird im Vergleich oft geregelt. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Entschädigung erhält.

Formulierung: Zahlung einer Abfindung

Eine solche Abfindungszahlung könnte zum Beispiel im Vergleich so lauten:

  • "Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 des Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung in Höhe von … Euro brutto. Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung ist bereits jetzt entstanden und damit vererblich. Die Abfindung ist zur Zahlung fällig zum … ."

Urteil des BAG vom 15.07.2004, 2 AZR 630/03 - zur Fälligkeit der Abfindung beim Vergleich

Bundesarbeitsgericht - Fälligkeit der Abfindung im Vergleich

Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass die Parteien im Vergleich die Abfindung ausdrücklich als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes bezeichnet haben. Es liegt in aller Regel nahe, die in einem Abfindungsvergleich vorgesehene Verbindung zwischen Abfindung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch in der Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes zu berücksichtigen (vgl. LAG Düsseldorf 23. Mai 1989 - 16 Sa 475/89 - LAGE KSchG § 9 Nr. 16). Dass eine Zahlung, die aus einem bestimmten Anlass geleistet werden soll, nicht vor Eintritt dieses Anlasses fällig werden soll, ist zwanglos nachvollziehbar. Zwar war der Verlust des Arbeitsplatzes bereits bei Vergleichsschluss vereinbart. Das spricht aber nicht gegen die Berücksichtigung des erwähnten zeitlichen Zusammenhangs zwischen Zahlung und Eintritt des Anlasses der Zahlung. Ob die Abfindung im schuldrechtlichen Sinne Gegenleistung für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist, kann dahinstehen. Jedenfalls liegt aus Sicht der Parteien regelmäßig ein wirtschaftliches Gegenseitigkeitsverhältnis vor, dem die zeitliche Angleichung entspricht (vgl. auch: Schielek FA 2004, 198).

Die Fälligkeit einer in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Abfindung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entspricht auch dem ganz überwiegenden Verständnis der Rechtsprechung und Literatur (...). Das steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Fälligkeit von Sozialplanabfindungen (vgl. zuletzt etwa BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 160 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 7).

Anmerkung:

Wenn im Vergleich nicht geregelt ist, wann die Abfindung zu zahlen ist, dann wird diese mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig. Liegt der Beendigungszeitpunkt in der Vergangenheit ist die Abfindung sofort zur Zahlung fällig.

Lohnzahlung im Vergleich

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt in einem Prozessvergleich, auf jeden Fall immer dann, wenn eine Erledigungsklausel im Vergleich alle Ansprüche, die nicht im Vergleich geregelt sind, ausschließt, ist die Zahlung von Lohn bis zum Beendigungstermin. Oft ist es so, dass der Beendigungszeitpunkt in der Zukunft liegt. Es muss also geregelt werden, bis wann und wie der Arbeitgeber den Lohn für den Arbeitnehmer zahlt. Dies ist logisch, allerdings, wenn eine solche Regelung im Vergleich fehlt und alle nicht im Vergleich geregelten Ansprüche ausgeschlossen sind, ist der Lohnzahlungsanspruch nicht mehr durchsetzbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht kann aber sogar mittels "großer Erledigungsklausel" nicht auf alle Ansprüche verzichtet werden.

Formulierung: Zahlung von Lohn bis zum Beendigungszeitpunkt

Eine solche Lohnzahlung im Vergleich könnte wie folgt geregelt sein:

  • "Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger für die Monate … bis zum Beendigungsdatum auf Grundlage einer monatlichen Bruttovergütung von … Euro ab, erteilt die Lohnabrechnungen und zahlt den sich daraus ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus."

Urlaubsanspruch und Freistellung

Typisch für solche arbeitsvertraglichen gerichtlichen Vergleiche ist auch, dass wenn der Beendigungszeitpunkt in der Zukunft liegt, insbesondere ist dies bei der Einhaltung von Kündigungsfristen fast immer der Fall, dann sollte geregelt werden, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung bis zum Beendigungszeitpunkt noch bringen soll oder ob dieser von Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wird. Wichtig ist dabei, dass in der Regel kein Anspruch Freistellung des Arbeitnehmers besteht. Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellen, dann geht dies nur bezahlt und in der Regel wird der Arbeitnehmer bis zur Beendigungszeitpunkt dann unwiderruflich freigestellt unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden.

Formulierung: Freistellung unter Anrechnung von Urlaub

Eine solche Freistellung im Vergleich könnte wie folgt geregelt sein:

  • "Die Beklagte stellt den Kläger in der Zeit vom … bis zum Beendigungstermin zum Zwecke der Gewährung des noch ausstehenden Urlaubs (Anzahl Urlaubstage) unwiderruflich von Arbeitsleistung frei."

Regelung über ein Arbeitszeugnis im gerichtlichen Vergleich

Da sich der Arbeitnehmer wieder neu bewerben muss, ist ein Arbeitszeugnis hier unumgänglich. In der Regel ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis durch den Arbeitgeber zerteilen. Wenn man ohnehin schon einen Abfindungsvergleich vor dem Arbeitsgericht schließt, dann macht es auch Sinn, dass das Zeugnis auch mitgeregelt wird, vor allem auch deshalb, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden. Eine Note für die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung des Arbeitnehmers wird dann auch oft vereinbart.

Formulierung: Arbeitszeugnis

Eine solche Formulierung eines Zeugnisses im Vergleich könnte wie folgt aussehen:

  • "Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt. Das Zeugnis hat eine ausführliche Beschreibung der Tätigkeit des Klägers zu enthalten und muss für den Leistungs- und Verhaltensbereich die Note gut ausweisen."

vergleichweise Regelung über Arbeitspapiere

Neben der Zeugnisregelung im gerichtlichen Vergleicht können auch die Erstellung und Herausgabe bzw. die Übersendung von weiteren Arbeitspapieren geregelt werden. Insbesondere macht die Ausstellung und Übersendung einer Arbeitsbescheinigung als vergleichsweise Regelung vor Gericht Sinn. Die Arbeitsbescheinigung benötigt der Arbeitnehmer für die Agentur für Arbeit und im Anschluss an die Beschäftigung dann Arbeitslosengeld I zu beantragen.

Formulierung: Erstellung von Arbeitspapieren

Eine solche Regelung könnte lauten:

  • "Die Beklagte erteilt dem Kläger folgende Arbeitspapiere … . Darüber hinaus verpflichtet sich die Beklagte, die vorbezeichneten Arbeitspapiere den Kläger unverzüglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu übersenden."

Erledigungsklausel

Eine große Erledigungsklausel wird von Arbeitgebern bei gerichtlichen Vergleichen im Kündigungsschutzverfahren oft gefordert. Nach dieser Klausel verfallen alle Ansprüche, die nicht ausdrücklich im Vergleich geregelt sind. Auf eine solche Klausel sollte sich der Arbeitnehmer nur dann einlassen, wenn er genau weiß, welche Ansprüche er noch hat und das Arbeitsfeld bereits beendet ist. Wissen sollte man aber auch, dass nicht alle Ansprüche durch eine Erledigungsklausel verfallen können. Es gibt unverfallbare Ansprüche, auf die man nicht so einfach verzichten kann. Trotzdem sollte man äußerst vorsichtig mit der Verwendung solcher Klauseln sein.

Formulierung: große Erledigungsklausel im Prozessvergleich

Eine solcher große Erledigungsklausel könnte lauten:

  • "Mit Erfüllung des Vergleichs sind sämtliche wechselseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien gegeneinander endgültig erledigt, gleich ob bekannt oder unbekannt."

rechtliche Beratung durch Rechtsanwalt im Arbeitsrecht

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Rechtsanwalt Andreas Martin