Kündigungsfristen und Kündigungsschutz nach AVR DWBO
Die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (AVR DWBO) gelten verbindlich für Beschäftigte in den angeschlossenen Einrichtungen. Sie regeln die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern umfassend – unter anderem auch die Kündigungsfristen.
Relevanten Regelungen - Stand
Die Regelungen zu den Kündigungsfristen in den AVR DWBO haben den Stand 25.02.2025. In diesem Beitrag erhalten Sie einen kompakten Überblick über die wichtigsten Kündigungsregelungen, Ausnahmen und den besonderen Kündigungsschutz nach AVR DWBO.
Verhältnis nach den gesetzlichen Kündigungsfristen
Die Regelungen nach § 622 BGB - gesetzliche Kündigungsfristen - gelten bei Anwendung der AVR nicht.
Das Wichtigste vorab:
Die AVR DWBO regeln Kündigungsfristen je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Nach den AVR sind die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleich lang.
Während der Probezeit beträgt die Frist zwei Wochen zum Ende eines Kalendertages.
Es gibt eine eigene Frist für das erste Jahr nach der Probezeit.
Nach längerer Beschäftigung verlängern sich die Fristen gestaffelt bis zu sechs Monate.
Es gelten Sonderregelungen für befristete Arbeitsverhältnisse und während der Elternzeit.
Für langjährig Beschäftigte über 40 Jahren besteht unter bestimmten Voraussetzungen Kündigungsschutz.
Kündigungsfristen während und nach der Probezeit
In § 30 der AVR DWBO sind die Kündigungsfristen detailliert geregelt. Für Beschäftigte in der Probezeit gilt eine kurze Frist von zwei Wochen, wobei die Kündigung zum Ende eines Kalendertages erfolgen muss (§ 30 Abs. 4 AVR DWBO).
Probezeitkündigung
Nach Ablauf der Probezeit richtet sich die Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Sie beginnt bei sechs Wochen und verlängert sich je nach Beschäftigungszeit stufenweise – bis hin zu sechs Monaten zum Quartalsende bei sehr langer Betriebszugehörigkeit (§ 30 Abs. 5 AVR DWBO).
Abweichung zu gesetzlichen Fristen
Diese Staffelung ist vergleichbar mit den gesetzlichen Vorschriften, jedoch gibt es im kirchlichen Arbeitsrecht teilweise abweichende Fristen und Bedingungen.
Hinweis
Während der Probezeit kann täglich zum Ablauf des nächsten Kalendertages gekündigt werden – eine wichtige Besonderheit!
Welche Kündigungsfristen geltend bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen nach § 30 Abs. 5 AVR DWBO?
Die Kündigungsfristen in § 30 AVR DWBO sind gestaffelt. Viele überlesen aber, dass der dort genannte Beendigungstermin – also wann die Kündigung tatsächlich wirksam wird – ab einem Jahr Betriebszugehörigkeit nicht mehr das Monatsende, sondern das Kalendervierteljahr ist. Dies ergibt sich aus dem letzten Halbsatz der Vorschrift, ist allerdings umstritten. Das Problem ist, dass man sich nicht besonders viel Mühe der Formulierung der Kündigungsfristen gegeben hat.
„(jeweils zum Monatsende bzw. Kalendervierteljahr)“
Diese Formulierung steht nicht nur beim letzten Spiegelstrich, sondern gilt wahrscheinlich für alle genannten Fristen. Der Gesetzgeber hat hier (wahrscheinlich) bewusst den Beendigungszeitpunkt nicht bei jeder Stufe wiederholt, sondern ihn global am Ende geregelt.
Damit dürfte hier gelten:
Beschäftigungsdauer
Kündigungsfrist
Beendigungszeitpunkt
Während der Probezeit
2 Wochen
zum Ende eines Kalendertages
Nach der Probezeit bis 1 Jahr
1 Monat
zum Monatsende
Mehr als 1 Jahr
6 Wochen
zum Kalendervierteljahr
Mindestens 5 Jahre
3 Monate
zum Kalendervierteljahr
Mindestens 8 Jahre
4 Monate
zum Kalendervierteljahr
Mindestens 10 Jahre
5 Monate
zum Kalendervierteljahr
Mindestens 12 Jahre
6 Monate
zum Kalendervierteljahr
Hinweis zur systematischen Auslegung
Die Formulierung „jeweils zum Monatsende bzw. Kalendervierteljahr“ steht am Ende des Absatzes, bezieht sich von daher auf alle Kündigungsfristen davor; anders kann man dies kaum verstehen. Daraus ergibt sich: Bereits ab mehr als einem Jahr Dienstzeit muss die Kündigung zum Quartalsende erfolgen.
Was gilt bei befristeten Arbeitsverhältnissen?
Für befristete Verträge sieht § 30 Abs. 6 eigene Kündigungsfristen vor. Auch hier ist entscheidend, wann genau das Arbeitsverhältnis endet. Ab zwei Jahren Beschäftigung gelten automatisch die Regeln des § 30 Abs. 5:
Beschäftigungsdauer (befristet)
Kündigungsfrist
Beendigungszeitpunkt
Bis zu 6 Monate
2 Wochen
zum Ende eines Kalendertages
Mehr als 6 Monate bis 1 Jahr
1 Monat
zum Ende eines Kalendertages
Mehr als 1 Jahr bis 2 Jahre
6 Wochen
zum Ende eines Kalendertages
Mehr als 2 Jahre
wie bei unbefristeten Verträgen
zum Kalendervierteljahr
Vorrang gesetzlicher Kündigungsfristen nach § 622 BGB
Ein weiterer wichtiger Punkt in § 30 Abs. 5 AVR DWBO:
„Sofern gesetzliche Fristen länger sind, gelten diese.“
Das bedeutet: Wenn das BGB – z. B. bei längerer Betriebszugehörigkeit – eine längere Kündigungsfrist vorsieht, dann geht diese Frist vor. Allerdings gilt dies nicht für die Probezeit, da diese hinter diesem Absatz geregelt ist.
Kündigung während der Elternzeit und Sonderregelungen
Besondere Regelungen gelten für Kündigungen während der Elternzeit. Nach § 30 Abs. 7 AVR DWBO beträgt die Kündigungsfrist hier drei Monate zum Ende eines Kalendertages. Diese Frist dient dem besonderen Schutz junger Familien und ist ergänzend zur gesetzlichen Regelung in § 18 BEEG zu verstehen.
Darüber hinaus ist eine Kündigung während der Elternzeit grundsätzlich nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde möglich. Arbeitgeber müssen hierfür besonders gewichtige Gründe vorbringen.
Hinweis
Die Kündigung während der Elternzeit ist nur in seltenen Ausnahmefällen überhaupt rechtlich zulässig!
Besonderer Kündigungsschutz nach § 31 AVR DWBO – faktisch unkündbar?
🔐 Unkündbarkeit nach AVR DWBO – das steckt dahinter
Nach § 31 AVR DWBO genießen bestimmte Mitarbeitende einen besonderen Schutz vor ordentlichen Kündigungen. Der Wortlaut lautet:
„Mitarbeitende, die das 40. Lebensjahr vollendet und mindestens 15 Jahre ununterbrochen im Dienst gestanden haben, können ordentlich nur aus wichtigem Grund oder mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung gekündigt werden.“
Das bedeutet in der Praxis:
Kriterium
Auswirkung
Mindestens 15 Jahre ununterbrochen beschäftigt
Voraussetzung für den besonderen Schutz
Mindestalter: 40 Jahre
Zusätzlich notwendig
Ordentliche Kündigung
Nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung zulässig
Außerordentliche Kündigung (fristlos)
Weiterhin möglich bei schwerwiegenden Pflichtverstößen
Hinweis
🚨 Mitarbeitende mit über 15 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Alter über 40 Jahren sind nicht absolut unkündbar – aber sie genießen einen nahezu vollständigen Schutz vor ordentlichen Kündigungen. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dann meist nur über eine außerordentliche Kündigung oder eine einvernehmliche Lösung möglich.
Hinweis
Achtung: Verpasst man die Drei-Wochen-Frist zur Klageerhebung, gilt die Kündigung in der Regel als wirksam!
§ 30
§ 30 AVR DWBO - § 30 Ordentliche Kündigung*
(1) Unbefristete Dienstverhältnisse können von beiden Vertragsparteien nach vorheriger schriftlicher Kündigung gelöst werden.
1Die Kündigungsfrist beträgt für beide Vertragsparteien bei einer Beschäftigungszeit (§ 11a)
bis zu 1 Jahr 1 Monat;
zum Schluss eines Kalendermonats,
nach einer Beschäftigungszeit
von mehr als 1 Jahr 6 Wochen,
von mindestens 5 Jahren 3 Monate,
von mindestens 8 Jahren 4 Monate,
von mindestens 10 Jahren 5 Monate,
von mindestens 12 Jahren 6 Monate
zum Schluss eines Kalendervierteljahres. 2Sofern in den gesetzlichen Bestimmungen längere Kündigungsfristen vorgesehen sind, gelten diese.
Innerhalb der Probezeit (§ 8) kann das Dienstverhältnis jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen zum
Ende eines Kalendertages gekündigt werden.
Zum Ende der Elternzeit kann die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter das Dienstverhältnis nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendertages kündigen.
(2) 1Das befristete Dienstverhältnis endet mit Ablauf der im Dienstvertrag kalendermäßig bestimmten Frist
(zeitliche Befristung) oder mit Eintritt des im Dienstvertrag bestimmten Ereignisses (Zweckbefristung).
2Befristete Dienstverhältnisse können auch vor ihrem nach Satz 1 zu bestimmenden Ende gekündigt werden. 3
Innerhalb der Probezeit (§ 8) kann das befristete Dienstverhältnis jederzeit mit einer Frist von zwei
Wochen zum Ende eines Kalendertages gekündigt werden.
Nach Ablauf der Probezeit (§ 8) beträgt die Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien für zweckbefristete und zeitlich befristete Dienstverhältnisse bei einer Beschäftigungszeit
bis zu 6 Monaten 2 Wochen
zum Ende eines Kalendermonats,
nach einer Beschäftigungszeit
von mehr als 6 Monaten 1 Monat,
von mehr als 1 Jahr bis zu 2 Jahren 6 Wochen
zum Schluss eines Kalendermonats. 2Nach einer Beschäftigungszeit von mehr als zwei Jahren gelten die
Kündigungsfristen des Abs. 1 Unterabs. 2.
1Endet das zweckbefristete Dienstverhältnis durch das im Dienstvertrag bezeichnete Ereignis, so hat die
Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter den Zeitpunkt der Beendigung
spätestens zwei Wochen vorher mitzuteilen, wenn das Dienstverhältnis bis zu sechs Monaten gedauert
hat. 2Bei einer Dauer von mehr als 6 Monaten muss die Beendigung spätestens vier Wochen vorher
mitgeteilt werden. 3Der Anspruch auf Zahlung der Bezüge erlischt frühestens zwei Wochen nach Zugang
dieser Mitteilung.
(3) Nach einer Beschäftigungszeit (§ 11a) von 15 Jahren, frühestens jedoch nach Vollendung des 40. Lebensjahres, ist eine ordentliche Kündigung durch die Dienstgeberin bzw. den Dienstgeber ausgeschlossen, soweit nicht § 31 etwas anderes bestimmt.
FAQ zur den Kündigungsfristen nach dem AVR der Diakonie Berlin-Brandenburg
Ab wann gilt das Quartalsende als Beendigungstermin?
Bereits ab mehr als einem Jahr Betriebszugehörigkeit muss die Kündigung zum Ende eines Kalendervierteljahres erfolgen – gemäß § 30 Abs. 5 AVR DWBO.
Was bedeutet die Klammer 'zum Monatsende bzw. Kalendervierteljahr'?
Diese bezieht sich auf alle Fristen in § 30 Abs. 5 AVR DWBO. Sie legt fest, dass ab 1 Jahr die Beendigung zum Quartalsende erfolgt.
Welche Kündigungsfrist gilt bei 10 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Die Kündigungsfrist beträgt 5 Monate – mit Beendigung zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 30 Abs. 5 AVR DWBO).
Was ist, wenn § 622 BGB eine längere Frist vorsieht?
Dann gilt die gesetzliche Frist – unabhängig von den AVR DWBO. Der Beendigungstermin bleibt jedoch das Quartalsende.
Wie funktioniert der besondere Schutz nach § 31 AVR DWBO?
Mitarbeitende über 40 Jahre mit mindestens 15 Jahren Dienstzeit können nur mit Zustimmung der MAV oder bei wichtigem Grund gekündigt werden.