Home Betriebsbedingte Kündigung: Voraussetzungen, Ablauf & Abfindung – Ihr Ratgeber 2025

Betriebsbedingte Kündigung – Was ist das und wie läuft sie ab?

Betriebsbedingte Kündigung –

Begriff der betriebsbedingten Kündigung

Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine der häufigsten ordentlichen Kündigungen in Deutschland. Diese erfolgt, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus äußeren betrieblichen Gründen beendet. Mögliche Ursachen sind Rationalisierungen, Standortverlagerungen, Digitalisierung oder wirtschaftlicher Druck. Dabei dürfen persönliche oder verhaltensbezogene Gründe keine Rolle spielen.


Englisch: Betriebsbedingte Kündigung = "termination for operational reasons" oder "redundancy dismissal".


stateDiagram-v2 Kündigung --> personenbedingt Kündigung --> verhaltensbedingt Kündigung --> betriebsbedingt

Das Wichtigste vorab:

  • Sozialauswahl ist Pflicht: Kündigungen dürfen nicht willkürlich erfolgen.
  • Kündigungsschutzklage nur innerhalb von 3 Wochen möglich.
  • Anspruch auf Abfindung meist nur mit Angebot oder durch Vergleich.
  • Nach der Kündigung besteht in der Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Rechtliche Voraussetzungen (betriebsbedingte Kündigung: Voraussetzungen

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur wirksam, wenn:

  • Dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen (z. B. Wegfall von Arbeitsplätzen)
  • Keine anderweitige Weiterbeschäftigung möglich ist
  • Eine Sozialauswahl nach festgelegten Kriterien durchgeführt wird
  • Der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde
  • Die gesetzliche oder vertraglich geregelte Kündigungsfrist eingehalten wurde

Prüfungsschema: Betriebsbedingte Kündigung

PrüfschrittInhalt / Frage
UnternehmerentscheidungLiegt eine kündigungsbegründende Unternehmerentscheidung vor? (außer-/innerbetrieblich)
Dauerhafter Wegfall BeschäftigungIst der Arbeitsplatz dauerhaft weggefallen (Prognoseprinzip)?
Keine milderen Mittel (Ultima Ratio)Gibt es keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung oder andere mildere Mittel?
DringlichkeitIst das betriebliche Erfordernis tatsächlich dringend?
SozialauswahlWurde die Sozialauswahl korrekt durchgeführt?
Auswahlrelevanter PersonenkreisWurden alle vergleichbaren Arbeitnehmer einbezogen?
Soziale GesichtspunkteWurden Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung berücksichtigt?
Ausnahmen von der SozialauswahlLiegen berechtigte betriebliche Interessen für Ausnahmen vor?
AuswahlrichtlinienGibt es ggf. Auswahlrichtlinien nach § 1 Abs. 4 KSchG?
BetriebsänderungLiegt eine Betriebsänderung nach § 1 Abs. 5 KSchG vor?

Ablauf und typische Fehlerquellen

Fehlerhafte Sozialauswahl, unklare Dokumentation oder Missachtung des Betriebsrats können zur Unwirksamkeit führen. Die Gründe für die Kündigung müssen schriftlich fixiert sein. Vorlage: Muster-Vorlage für betriebsbedingte Kündigung.

Sozialauswahl (betriebsbedingte kündigung: sozialauswahl)

Vergleichbare Mitarbeiter müssen anhand dieser Kriterien bewertet werden:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung

Fehlerhafte Auswahl kann in einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden.

Besonderheiten bei Kleinbetrieben und Sonderkündigungsschutz

In Kleinbetrieben gelten Einschränkungen des Kündigungsschutzes nicht. Dennoch darf keine sittenwidrige oder diskriminierende Kündigung erfolgen. Sonderkündigungsschutz gilt z. B. für Schwangere und Betriebsratsmitglieder.

Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung (betriebsbedingte kündigung abfindung)

Nur bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage und Angebot im Kündigungsschreiben (§ 1a KSchG) besteht ein gesetzlicher Anspruch. Faustformel: 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Häufig wird die Abfindung individuell verhandelt.

Kündigungsfrist bei betriebsbedingter Kündigung (betriebsbedingte kündigung frist)

Die Frist ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder § 622 BGB. Sie ist abhängig von der Betriebszugehörigkeit.

Betriebsbedingte Kündigung und Arbeitslosengeld

Bei rechtzeitiger Meldung bei der Arbeitsagentur besteht in der Regel Anspruch auf ALG I. Sperrzeiten treten nicht ein, da die Kündigung vom Arbeitgeber ausgeht.

Handlungsoptionen für Arbeitnehmer

Kündigung prüfen lassen, Unterlagen sichern, rechtzeitig Klage erheben. Abfindungsverhandlungen oder einvernehmliche Aufhebung sind oft möglich.

Vergleich: Kündigungsarten im Arbeitsrecht

KündigungsartVoraussetzungenTypische GründeBesonderheiten / Hinweise
Betriebsbedingte KündigungDringende betriebliche Erfordernisse, Sozialauswahl, keine Weiterbeschäftigung möglichAuftragsmangel, Umstrukturierung, StandortschließungAnspruch auf Abfindung meist nur bei Angebot nach § 1a KSchG
Personenbedingte KündigungFehlende Eignung oder Fähigkeit, keine Weiterbeschäftigung möglichKrankheit, fehlende ArbeitserlaubnisOft längere Fehlzeiten, betriebliches Eingliederungsmanagement empfohlen
Verhaltensbedingte KündigungPflichtverletzung, Abmahnung, keine BesserungUnpünktlichkeit, ArbeitsverweigerungVorherige Abmahnung meist erforderlich

Kündigungsschutzklage: Wie kann man sich wehren?

Klage binnen 3 Wochen ab Zugang einreichen. Erfolgschancen hängen von der Dokumentation und der Sozialauswahl ab. Viele Verfahren enden mit Abfindungsvergleichen.

Der Kündigungsprozess aus rechtlicher Sicht

Nur wenn alle Formalien beachtet werden (z. B. Anhörung, Fristen, schriftliche Form und weitere Voraussetzungen), ist die Kündigung wirksam. Auch die Zustellung des Kündigungsschreibens muss im Kündigungsschutzprozess vom Arbeitgeber nachgewiesen werden, sofern der Zugang vom Arbeitnehmer wirksam (substantiiert) bestritten wurde.

Strategische Überlegungen für Arbeitgeber

Vor der Kündigung sollten Alternativen geprüft werden: Versetzung, Kurzarbeit, Aufhebungsvertrag. Eine sorgfältige Dokumentation reduziert rechtliche Risiken.

Abgrenzung zu anderen Kündigungsarten


Personenbedingte Kündigung: gesundheitliche Gründe


verhaltensbedingte Kündigung: Pflichtverletzungen


Die Anforderungen unterscheiden sich stark.

§ 1 a KSchG

§ 1 a KSchG

§ 1a Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung


(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.


(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Überblick: Voraussetzungen & Besonderheiten der betriebsbedingten Kündigung

KriteriumErläuterung
Dringende betriebliche ErfordernisseWirtschaftliche Gründe, Umstrukturierung, Wegfall von Arbeitsplätzen
SozialauswahlAuswahl nach Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung
Anhörung des BetriebsratsVor jeder Kündigung muss der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört werden
AbfindungGesetzlicher Anspruch selten, häufig im Vergleich oder nach § 1a KSchG
KlagefristKündigungsschutzklage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden
Besonderer KündigungsschutzGilt z. B. für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder

BAG, Urteil vom 19.10.2017 – 8 AZR 845/15: Kein Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb

Urteil BAG zur betriebsbedingten Kündigung

Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben nach einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich keinen Wiedereinstellungsanspruch. Das BAG entschied, dass die zum Wiedereinstellungsanspruch entwickelten Grundsätze nicht für Kleinbetriebe (§ 23 Abs. 1 KSchG) gelten, da dort das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet.


Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer einer Apotheke mit sieben Beschäftigten nach einer betriebsbedingten Kündigung und späterer Weiterführung des Betriebs auf Wiedereinstellung geklagt. Das BAG lehnte dies ab: Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht nur, wenn das KSchG anwendbar ist. In Kleinbetrieben bleibt der Schutz auf Fälle sitten- oder treuwidriger Kündigungen nach §§ 138, 242 BGB beschränkt.


Beraterhinweis: Auch im Kleinbetrieb muss bei Auswahlentscheidungen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gewahrt bleiben.

BAG Urt. v. 19.10.2017 – 8 AZR 845/15; LAG Düsseldorf – 4 Sa 1289/14

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FAQ zur betriebsbedingten Kündigung

Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung zulässig?

Wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, keine Weiterbeschäftigung möglich ist, die Sozialauswahl korrekt durchgeführt wurde und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde.

Wie funktioniert die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss vergleichbare Mitarbeiter nach sozialen Kriterien bewerten: Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Die Auswahl darf nicht willkürlich sein.

Gibt es einen Anspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung?

Ein gesetzlicher Anspruch besteht nur, wenn der Arbeitgeber diesen im Kündigungsschreiben nach § 1a KSchG anbietet und keine Kündigungsschutzklage erhoben wird. In anderen Fällen ist die Abfindung Verhandlungssache.

Wie lange ist die Klagefrist bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Danach gilt die Kündigung als wirksam.

Kann ich während der Kündigungsfrist freigestellt werden?

Ja, der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer freistellen – unter Fortzahlung der Vergütung. Es muss aber geregelt sein, ob der Urlaub angerechnet wird.

Bekomme ich Arbeitslosengeld nach einer betriebsbedingten Kündigung?

Ja, sofern die Anwartschaftszeit erfüllt ist und die rechtzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit erfolgt, besteht ein Anspruch auf ALG I ohne Sperrzeit.

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